Heimatlos

Dokumentarische Poesie
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Ein Hörbuch erinnert an den Dichter und Dissidenten Jürgen Fuchs.

Fünfzig Jahre ist es her, dass das menschenverachtende DDR-Regime seinen "Antifaschistischen Schutzwall" errichtete und seine Bürger einsperrte. Oder sie, wie in dem Fall von Jürgen Fuchs, nach Westdeutschland abschob. Der Dissident und Schriftsteller Fuchs war 1976 kurze Zeit nach seinem Protest gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns durch die DDR verhaftet worden. Neun Monate später überstellte man ihn in den Westen, wo er über zwanzig Jahre später 48-jährig starb. Das Hörbuch bietet Gelegenheit, sich seiner zu erinnern.

"Keine Fiktion im Inhalt, nur Erfindung im Ausdruck." So charakterisiert die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller in ihrer Einführung Fuchs schriftstellerisches Werk. "Seine Literatur ist emotionale Nahaufnahme des einzelnen im Leben im Sozialismus." Sie weiß, worüber sie hier liest: Ihre Erfahrungen mit der Securitate ähneln denen von Fuchs mit der Staatssicherheit.

Fuchs selbst kommt auch zu Wort; er liest aus seinem Roman Das Ende einer Feigheit, in dem er seine Armeeerfahrungen thematisiert - eine Aufnahme des RIAS Berlin. "Ich suche eine Wohnung, wo ich nicht leben will." Seine für eine Sendung des Deutschlandfunks selbst gelesenen Gedichte sind ergreifend, in ihnen verarbeitet er seine ersten Erfahrungen im Westen. In ihnen tritt die ganze Heimatlosigkeit, Verunsicherung und Identitätssuche "in einer Fremde" zutage, die "meine Sprache spricht". Gegen das Vergessen sprechen diese 151 Hörminuten an, gegen das Vergessen singen Wolf und Parmela Biermann zum Abschluss das Lied "Jürgen Fuchs".

Jürgen Fuchs: Das Ende einer Feigheit. Hörbuch Hamburg, Hamburg 2011, 2 CDs.

Kathrin Jütte

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.


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