Die Sache mit Gott

EKD-Synode: Warum es nötig ist, missionarische Impulse verständlich zu formulieren
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Während ihrer Tagung in Magdeburg beschäftigte sich die EKD-Synode im Schwerpunkt mit dem Thema Mission. Eine "Kundgebung" wurde verabschiedet. Aber ob sie in der Öffentlichkeit aufgenommen wird, bleibt fraglich.

Sie ist immun. Religion ist kein Teil ihres Denkens. Und ihre Haltung zum Leben beruht auf der Haltung von Menschen, die sie gelehrt haben, sich humanistisch zu verhalten. Mit diesen Sätzen erklärte die in Ost-Berlin und Leipzig aufgewachsene Sängerin und Schauspielerin Pascal von Wroblewsky vor der EKD-Synode, warum sie keine Christin sei. Sicher, dieses persönliche Zeugnis war eine Zumutung für viele der 126 Synodalen. Doch auch Pavel Richter machte es ihnen nicht leicht. Der Geschäftsführer von Wikimedia Deutschland gab in Magdeburg ebenso Auskunft über seine Religiosität: Die Frage, warum er nicht in der Kirche sei, kann er nicht beantworten. Seine große Gleichgültigkeit gegenüber dem Christentum ist fast schwerer zu ertragen als die rigoros atheistische Einstellung seiner Vorrednerin. Sein "Ich weiß es nicht" warf jedoch eine andere, viel wichtigere Frage auf: "Wofür braucht denn die Kirche mich?"

Zwölf Jahre nach der EKD-Synode 1999 in Leipzig hatte sich die Synode in diesem Jahr das Thema Mission auf die Fahnen geschrieben. Doch wie in dieser Welt von Gott sprechen? Wie eintreten für das Evangelium? Drei sehr persönliche Zeugnisse dienten als Einstieg in das Tagungsthema.

Heilsame Besinnung

Die großen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hatte tags zuvor der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider in seinem Ratsbericht formuliert: "Die demographische Entwicklung, zurückgehende Kirchenmitgliedschaft, abnehmende Kirchenbindung und Relevanz-Verlust der Institutionen." Doch der Vorsitzende des Vorbereitungsausschusses und hannoversche Landesbischof Ralf Meister machte gleich zu Beginn deutlich: "Bei dem Thema Mission geht es nicht um eine christliche Motivationsstrategie, auch nicht um die Rekrutierung von neuen Mitgliedern, sondern um eine heilsame Besinnung auf das, was uns von Christus geschenkt ist: Besinnung auf Christus als Grund und Gegenstand des Glaubens ist Mission." Der Grundauftrag der Mission sei der Trost der Seelen und das Heil der Schöpfung in einer verängstigten Welt.

Zwei Jahre lang hatte der synodale Vorbereitungsausschuss an dem Thema Mission gearbeitet, ein umfangreiches und fundiertes Lesebuch herausgegeben und einen Kundgebungsentwurf formuliert, der zum Ende der Synodaltagung verabschiedet werden sollte. Nebenbei bemerkt: Mit einer "Kundgebung", wie ein Beschluss im kirchlichen Sprachgebrauch heißt, wendet sich die EKD-Synode an die nichtkirchliche deutsche Öffentlichkeit.

Was alles hindert

Der Vizepräses der EKD-Synode und rheinische Oberkirchenrat Klaus Eberl erklärte vor Journalisten den Ansatz: "Wir wollten die Vorlage von 1999 nicht toppen, sondern nach zwölf Jahren nüchtern schauen: Wo stehen wir heute?" Eine provozierende Herausforderung für viele Synodale, wie sich in der anschließende Diskussion zeigte. Denn was die einen als nüchterne und kritische Analyse der Gegenwart wahrnahmen, kam bei den anderen als zu schwarzmalerisch an. Zu depressiv, zu defensiv, aber auch zu ekklesiozentrisch, also zu stark an der Institution Kirche orientiert, sei der Entwurf, so die synodalen Voten.

Der bayerische Synodale Helmut Völkel forderte, dass der Titel der Kundgebung - "Was hindert‘s, dass ich Christ werde?" - geändert werde. Und Dekan Volker Teich aus dem württembergischen Schorndorf vermisste die "Gottesüberraschung", also die Präsenz Gottes, in dem Entwurf, sah vielmehr den Glauben unter der Bank gehalten. Ralf Meister, der bei seiner Berufung zum Ausschussvorsitzenden noch Generalsuperintendent in Berlin war, verteidigte Entwurf und Ansatz: Es sei eine bewusste Entscheidung des Ausschusses gewesen, keinen appellativen Text der Synode zu präsentieren. "Er hilft weder der Kirche in dieser Situation noch der Sache", sagte der leitende Theologe. Und er forderte den Mut, die Institution Kirche aus einer Außenperspektive zu befragen.

Diesem Perspektivwechsel mochte sich die Synode aber nicht anschließen. Nach der dezidierten Kritik trug die verabschiedete Kundgebung, also der Beschluss, einen neuen Titel: "Hinhören - Aufbrechen - Weitersagen". In der Überarbeitung kam nun auch das Anliegen vieler Synodaler, mehr Glaubensfreude zu vermitteln, deutlicher zum Ausdruck. Doch während der erste Entwurf in seiner nüchternen und klaren Sprache gut verständlich war, lässt die Kundgebung sprachliche Klarheit und damit auch die Fähigkeit zur Rezeption durch eine außerkirchliche Öffentlichkeit vermissen.

Auf dem Prüfstein

Ein Beispiel: Auf die Frage "Worum geht es beim Thema Mission?" heißt es: "Vielmehr geht es um eine erneute Vergewisserung darüber, was es bedeutet, sich heute in die Bewegung Gottes zum Menschen mit hineinnehmen zu lassen." Vielen Menschen, die zur Kerngemeinde gehören, sind diese Bilder und Begriffe vertraut, ihnen erschließt sich der Sinn. Doch wenn Christen das Gespräch mit Menschen in engem Anschluss an deren Lebenswirklichkeit suchen wollen, müssen sie sich verständlicher ausdrücken und sprachfähiger für Glaubensthemen werden. Ein weiteres Beispiel: Der Satz "Im Licht des Evangeliums hören wir, was Menschen heute bewegt": Statt sich auch sprachlich sicher im eigenen Milieu zu bewegen, sollten sie lernen zu übersetzen.

Dabei hatte schon morgens in der Bibelarbeit zum Schwerpunktthema Peter Schmid den Finger in die Wunde gelegt: "Wer sich verständlich machen will, muss sich einer zugänglichen Sprache bedienen. Missionarische Impulse müssen allgemein verständlich sein, auch in Kundgebungsentwürfen, sonst verfehlen sie von vornherein ihr Ziel", sagte der Vizepräsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK). Das "Weitersagen" kann also nur gelingen, wenn man das kirchliche und theologische Sprachmilieu verlässt und sich an die Übersetzungsaufgabe macht. Eine missionarische Kirche muss ihre Sprache immer wieder auf den Prüfstein stellen.

Kathrin Jütte

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.


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