Wenn Gott eine Bank wäre

Ein Punktum
Wenn Gott eine Bank wäre, wäre er schon längst pleite. Zwar ist sein Leumund, zumindest bei konserva­tiven Anlegern, tadellos, der wilden Spekulation und Zockerei an den Finanzmärkten ist er unverdächtig. Doch da liegt das Problem.

Woher soll die Rendite kommen? Wir wissen doch seit der Finanzkrise, dass es die Schuldner sind, mit denen man Geld verdient. Zins und Zinseszins sind dabei ja nur Kleinkram, richtig Profit bringen Schuldverbriefungen, die man zu Paketen bündelt und auf den Markt wirft. "Das wäre doch einen Versuch wert", raunen die findigen Berater Gott zu.

Der ist skeptisch, schließlich ist so etwas doch schon mal gründlich schief gegangen, kurz vor der Reformation. "Aber da wurde den Leuten für ihr Investment ja nur ein Platz im Himmel angeboten", sagen die Berater. "Jetzt bekämen sie Rendite. Gier ist vergesslich und auch die Finanzkrise ist schon wieder Geschichte. Über 100 Milliarden Euro haben allein die Deutschen 2010 in komplizierte und spekulative Zertifikate à la Lehmann angelegt. Da wird doch auch was für ein göttliches Derivat über sein." Aber Gott ist beratungsresistent und erlässt weiter die Schuld, egal wie prekär die Lage ist.

Aber Gott ist beratungsresistent

Als Notenbank würde Gott die christlich-jüdische Kulturtradition Europas honorieren und als Euro-Zentralbank die Anleihen der Griechen, Iren, Spanier und wer sonst noch kommt übernehmen. Daraus baut er einen Rettungsschirm, unter den wir alle flüchten. Dann flutet Gott die Märkte noch mit frischem Geld - böse Spekulanten, die unseren Euro bedroh­en, würden schnell das Weite suchen.

Aber es droht Ärger aus Übersee. Die US-Notenbank beruft sich schon längst auf Gott und gibt davon auf jedem Dollar Zeugnis. Da droht ein Streit über Copy­rights, wenn nicht gar ein Währungskrieg. Würde Gott das wollen? Wohl kaum.

Das mit dem Geld müssen wir also wohl selber hinbekommen. Oder besser, die Finanz- und Staatschefs der zwanzig wichtigsten Länder der Welt, die G-20. Die hatten sich in der Finanzkrise ja vorgenommen, die Geschäfte mit dem Geld besser zu kontrollieren und ein gemeinsames Regelwerk zu erlassen. Das wird zum ersten Mal klappen.

Schließlich übernimmt Frank­reich, das Land, in dem Gott es sich sprichwörtlich gut gehen lässt, den Vorsitz der G-20 und G-8. Und Präsi­dent Sarkozy hat sich extra für 176 Millionen Euro einen neuen Präsidentenjet bauen lassen. Denn er will oft unter­wegs sein und viel schaffen: Ein neues Weltwährungssystem, Spekulation eindämmen, Roh­stoffpreise stabilisieren und "die Moralisierung des Kapitalismus vo­rantrei­ben". Mon Dieu, was für himm­lische Aussichten!

Stephan Kosch

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