Solidarisch

Überzeugende Reformen
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Konrad Stopp war viele Jahre Personalchef in einem Großkonzern. Seine Überlegungen zur Zukunft des Sozialstaats können Christen ermutigen, sich entschiedener und überzeugender als bisher zu Wort zu melden.

Als Personalchef war Konrad Stopp viele Jahre in einem Großkonzern tätig; er beteiligt sich als Ökonom seit Jahrzehnten am wissenschaftlichen Gespräch und hat sich schon oft zu Wort gemeldet. Auch die Idee der "gleitenden Arbeitszeit" hat Stopp vorangetrieben. Dabei versteht er es, ökonomische Zusammenhänge so klar zu beschreiben, dass auch interessierte Laien sie verstehen.

Stopps Überlegungen können Christen ermutigen, sich entschiedener und überzeugender als bisher zu Wort zu melden. Denn seine Grundthesen sind einfach und einleuchtend: Es ist Realität, dass die Wirtschaft mit immer weniger Arbeit ein immer größeres Sozialprodukt bereitstellt. Wie ist dieses zu verteilen, damit alle Erwerbstätigen bezahlte Arbeit finden und auch alle Nichterwerbstätigen ein angemessenes Einkommen erhalten? Schließlich hat es sich gezeigt, dass die "unsichtbare Hand" des Marktes (Adam Smith) nicht in der Lage ist, das Problem zu lösen. Vielmehr ist die ordnende Hand des Staates unverzichtbar.

Stopp stellt klar, dass die Massenarbeitslosigkeit eine Folge der hohen Produktivität ist und nicht lediglich eine ökonomische Panne. Auch bestreitet er, dass die Spaltung der Gesellschaft in Arme und Reiche unumgänglich sei und überzogene Sozialleistungen und ho- he Lohnnebenkosten das Wachstum hemmten. Seine Argumente sind gut begründet und lesen sich spannend: In ständigem Rückbezug auf das Grundgesetz vertritt Stopp die Position, dass der Sozialstaat keineswegs die Freiheit seiner Bürger beschränke, sondern sie erst ermögliche. Und dabei hat er namhafte Wissenschaftler auf seiner Seite.

Alternative Reformpolitik

Unter dem Stichwort "Renaissance des Sozialstaats" gibt er Denkanstöße für eine alternative Reformpolitik und nennt acht "Bausteine" für eine solche. Seine Kernaussagen: Eine 35-Stunden-Woche als Regelarbeitszeit im atmenden Arbeitsmarkt verhindert Massenarbeitslosigkeit. Der Sozialstaat bleibt leistungsfähig, sofern seine Finanzierung reformiert wird. Ein Grundeinkommen könnte Armut verhindern. Die Sozialrenten sind finanzierbar. Altersarmut ist dann nicht zu befürchten. Und auch Gesundheit bleibt bezahlbar.

In einem Schlusskapitel nimmt Stopp bereits vorliegende, jedoch von den Neoliberalen verworfene Vorschläge zur Neuordnung des Weltfinanzmarkts auf: "Eine Neuordnung des unregulierten und seinem Wildwuchs überlassenen kapitalistischen Weltmarkts ist überfällig." Die Finanzkrise hat Stopp Recht gegeben.

Der Weg zu den aufgezeigten Zielen mag lang und nicht einfach sein. Aber die Lektüre von Stopps Buch zeigt, dass es Alternativen zur gegenwärtigen Reformpolitik gibt. Das macht Mut zum Umdenken. Denn die Vision einer "solidarischen Gesellschaft" muss keine Utopie bleiben, wenn wir beginnen, Irrtümer und Fehlentwicklungen beim Namen zu nennen und den Zusammenhang von Freiheit und Gerechtigkeit neu zu definieren. Deshalb lohnt sich die Lektüre des Buches.

Konrad Stopp: Zukunftsmodell Sozialstaat. Ein Plädoyer für mehr Wohlstand. Herbert Utz Verlag, München 2010, 249 Seiten, Euro 16,80.

Günter Krusche

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