Gelungen

Über August Hermann Francke
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Der ehemalige Direktor und jetzige Kuratoriumsvorsitzende der Franckeschen Stiftungen, Helmut Obst, hat eine handliche, gut lesbare, sinnvoll und reich illustrierte und Person und Werk in einem großen Bogen umspannende Darstellung vorgelegt.

Die Franckeschen Stiftungen in Halle an der Saale feiern in diesem Jahr die 350. Wiederkehr des Geburtstages ihres Gründers. Längst haben sich die Halleschen Stiftungen einem umfassenden sozialen, bildungspolitischen, wissenschaftlichen und kulturellen Programm verschrieben. Und längst hat auch die Pietismusforschung ihren Blick von der Person des Gründers auf den Halleschen Pietismus als Ganzes mit seinen ökonomischen, politischen, sozialen und missionarischen Aktivitäten erweitert. Gleichwohl ist es zu beklagen, dass wir bis heute keine neuere, vertiefende Darstellung von Leben und Werk Franckes selbst besitzen und weithin auf eine über hundert Jahre alte, immerhin nun im Nachdruck greifbare Biographie von Gustav Kramer angewiesen sind.

Umso erfreulicher ist es, dass der ehemalige Direktor und jetzige Kuratoriumsvorsitzende der Franckeschen Stiftungen, Helmut Obst, eine handliche, gut lesbare, sinnvoll und reich illustrierte und Person und Werk in einem großen Bogen umspannende Darstellung vorgelegt hat, pünktlich erschienen zu den Geburtstagsfeierlichkeiten. An dem Aufbau von Obsts Biographie - und darin liegt eine wesentliche Schwierigkeit für eine neue Biographie - wird man heute nicht mehr vorbeikommen, zu sehr sind Person und Stiftungen miteinander verwoben. Obst skizziert nämlich zunächst Franckes Leben unter dem programmatischen Titel der "Weltveränderung durch Menschenveränderung", beschreibt dann Franckes einzigartiges Werk, "die Glauchaschen Anstalten - Franckens Stiftungen", um schließlich auf einzelne Facetten von "August Hermann Francke[s] ... vielseitige[r] Persönlichkeit" näher einzugehen. Der zweite, etwas kleinere Teil des Büchleins beschreibt die Stiftungen nach Franckes Tod als "das pietistische Erbe", bevor im letzten Kapitel unter dem Titel "Tradition und Wandlung" eine mit den Anfängen vergleichbare, wunderbare Geschichte der Rettung und Erneuerung der Stiftungen erzählt wird.

Ein Nachwort des jetzigen Direktors, Thomas Müller-Bahlke, einzelne tabellarische Daten und die Anmerkungen beschließen den Band. Obsts Darstellung ist sorgfältig und immer verlässlich, sie bietet eine gute Orientierung und verhehlt auch die eigene, sehr persönliche Wertschätzung des Autors für Person und Werk nicht, ohne Francke zu monumentalisieren. Obst beschränkt sich meist auf die Wiedergabe des Standpunktes Franckes, ohne diesen historisch-kritisch zu beurteilen, wie zum Beispiel im Verhältnis zu Luther, und hebt vor allem seine positiven Seiten hervor.

Historisch gesehen müsste man freilich - und dessen ist sich der Autor auch bewußt - sowohl im Blick auf Biographie und Theologie Franckes wie im Blick auf die (auch kulturgeschichtlich interessante) Organisation der Stiftungen "tiefer graben" und die genauen Zusammenhänge, Probleme und Ambivalenzen beschreiben, die mit Franckes Pietismus und seinen Stiftungen verbunden sind. Hier bedarf es noch vieler vorbereitender Einzelstudien, und es ist daher nicht einfach dem Charakter des Buches als einer "Festgabe" geschuldet, wenn dies in Obsts Darstellung unterbleibt.

Helmut Obst: August Hermann Francke und sein Werk. Verlag der Frankeschen Stiftungen zu Halle/Harrassowitz Verlag, Halle an der Saale 2013, 239 Seiten, Euro 15,80.

Markus Matthias

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