Freiwillige vor!

Ein Punktum
Foto: privat
Irgendwie müssen wir aus diesem Schlamassel ja rauskommen. Wir brauchen Vorbilder! So einen wie José Alberto Mujica Cordano! Merken Sie sich diesen Namen! Oder merken Sie sich "El Pepe".

Steuerflucht ist ein interessantes Phänomen: Offshore-Leaks hat uns offenbart, dass es alle tun: Steuerberater, Winzer, Möbelunternehmer und Uli Hoeneß. Überhaupt die Chefetagen unserer Wirtschaft. "Auch moralische Menschen hinterziehen Steuern", titelte die Welt. Was? Ist nicht die gute alte Gier die entscheidende Komponente hier? So einfach sei das nicht, meint der einhellige Medien-Tenor: Steuerflucht sei systemimmanent durch den ständigen Zwang zum Wachstum, systemimmanent auch durch die Undurchsichtigkeit unseres Steuersystems. Dazu komme eine gefühlte Ungerechtigkeit, Unzufriedenheit mit der staatlichen Sachwaltung über Steuergelder und eine fehlende Identifikation mit "dem Staat".

Soviel zu den Gründen. Nun zur Lösung. Irgendwie müssen wir aus diesem Schlamassel ja rauskommen. Wir brauchen Vorbilder! So einen wie José Alberto Mujica Cordano! Merken Sie sich diesen Namen! Oder merken Sie sich "El Pepe", das ist vielleicht einfacher. El Pepe praktiziert eine ganz erfrischende, zur Nachahmung zu empfehlende Art der Steuerflucht. Der amtierende Präsident von Uruguay verschenkt fast sein gesamtes Gehalt. Rund 10.000 Euro bekommt er monatlich. Wenn er den üblichen Teil davon gespendet hat, bleiben ihm noch rund 900 Euro. Das genüge völlig, meint der 78-Jährige. Der Ex-Rebell, Ex-Gefangene und Ex-Blumenzüchter lebt mit seiner Angetrauten auf einem kleinen Bauernhof bei Montevideo und fährt einen alten VW-Käfer, für offizielle Fahrten darf es auch mal ein Opel Corsa sein. Den teuren Sommerwohnsitz, der ihm als Präsident zusteht, ließ er verkaufen und baute von dem Erlös Wohnungen und eine Schule für arme Kinder.

"Arm ist nicht der, der wenig hat. Wirklich arm ist der, den es ohne Ende nach mehr und mehr verlangt", sagte er auf dem Weltgipfel für Nachhaltigkeit 2012 in Brasilien. Klingt fast, als hätte er die Seligpreisungen und das Wort Jesu mit Herz, Haut und Haar übernommen. Er ist allerdings bekennender Atheist. Seine Großzügigkeit scheint übrigens nicht nur den Armen gut zu tun, sondern dem ganzen Land. Denn sowohl wirtschaftlich als auch sozial entwickelte sich Uruguay seit El Pepes Antritt 2010 prächtig, und die Korruption ging zurück. So einen könnten wir auch gebrauchen! Hätte das nicht eine hervorragende Vorbildfunktion für die Wirtschaftseliten? Und würde ein bisschen Vertrauen zurückgewinnen? Das schafft Glaubwürdigkeit, das schafft Identifikation und stärkt den Beitragswillen eines jeden. Na, wer meldet sich freiwillig?

Katharina Lübke

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.

Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Meinung"