Adam liebt Sofa

Geschichten jenseits von Eden
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Das Buch lädt dazu ein, Spaß am Leben von verqueren, widersprüchlichen und zu allem entschlossenen Gestalten von heute zu entwickeln und in ihrem und dem eigenen Leben biblische Themen zu entdecken.

Der Titel kommt leichtfüßig daher. "Zimmer frei im Paradies", gemeint ist nicht nur ein Zimmer, sondern viele. Und das Paradies liegt nebenan, auf der Straße, im Jobcenter, am Marktstand oder auch mal in einer Art Swingerclub. Irdisch geht es darin zu, die Hauptrollen spielen Menschen wie du und ich, neun insgesamt, und gleichzeitig verspricht der Untertitel, dass hier "Bibelgeschichten neu erzählt" werden.

Das erste, mit "Eva" überschriebene Kapitel beginnt mit dem ernüchternden Satz: "Adam liebt sein Sofa." Mit wenigen Strichen zeichnet Autorin Susanne Niemeyer die Situation von zwei Singles, die ein Paar werden. Immer wenn die Leser sich gerade gemütlich mit den modernen Heldinnen und Helden einrichten, bahnt sich eine scharfe Wendung an. Wie ein plötzlicher Schmerz blitzt dann auf, dass alle neun Personen, die das Buch ein Stück ihres Weges begleitet, leider jenseits von Eden, in der ganz und gar unheilen Gegenwart wohnen. Eben noch Butterblumen und ein zarter Hauch von Kitsch, da taucht wie aus dem Nichts Kain auf.

Wie bei einer spannenden Serie möchte man unbedingt wissen, ob die Hauptfigur den großen Aufbruch in ihrem Leben meistert oder ob sie untergeht. Die Autorin lässt ihren Lesern die Wahl: das Buch in der normalen Seitenabfolge als ein Mosaik des Lebens zu lesen, dessen einzelne Teilchen sich erst am Ende zu unterschiedlichen Lebenskapiteln zusammenfügen, oder nacheinander alle über das Buch verteilten Episoden zu Mose oder Henning, Martha oder Marie zu lesen. Zum Beispiel Martha. Vorgestellt wird sie so: "Ist Single, kocht gern, fühlt sich dabei aber schnell ausgenutzt. Findet, das Leben schuldet ihr was, und holt es sich mit fünfzig."

In der Frau, die ihr Leben peinlichster Pflichterfüllung widmet, bis sie plötzlich vor einer Entscheidung steht, spiegelt sich nicht nur die neutestamentliche Martha, sondern es ergeben sich vielfältige Bezüge zu Gleichnissen und Geschichten. Die biblischen Verheißungen - das Versprechen, dass Leben und Beziehung trotz aller Ängste und Abstürze weitergehen und heilen können, - scheinen in alle Episoden aus dem modernen Leben hinein.

Das Buch lädt dazu ein, Spaß am Leben von verqueren, widersprüchlichen und zu allem entschlossenen Gestalten von heute zu entwickeln und in ihrem und dem eigenen Leben biblische Themen zu entdecken. Die passenden Textstellen dazu sind am Schluss des Buches angefügt.

Die kurzen Episoden sind gut zum Vorlesen geeignet, bieten Diskussionsstoff, wo gesellschaftliche Grenzlinien berührt sind - etwa wenn ein Paar eine Leihmutter anstellt, einer seine Familie verlässt oder zum Heiler ins Ausland fliegt - und viele Anlässe für Gespräche über den Glauben. Die irdische Paradies-WG verbreitet Aufbruchsstimmung und wirkt gegen ein von Angst bestimmtes Lebens- und Bibelverständnis. Ein dazwischen gestreutes Gedicht - geschrieben als Anleitung zu einer Lockerungsübung - fasst dies zusammen: "Hände hoch/Das ist ein Überfall/ alle Ängste/zu Boden/Augen/ zum Himmel/sie können/gehen!"

Susanne Niemeyer: Zimmer frei im Paradies. Kreuz Verlag, Freiburg 2014, 188 Seiten, Euro 16,99.

Hedwig Gafga

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