Ein Fest auf den Spuren Jesu

Flüchtlinge: Es ist genug für alle da
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Die Speisung der Fünftausend: Es ist genug für alle da! Das ist ein starkes Bild für eine Kultur der geöffneten Arme, nicht nur gesuchten Fachkräften gegenüber.

Willkommenskultur – für mich ist das einer der wichtigsten Begriffe in der Debatte über Flüchtlinge und Einwanderung. Eine Kultur des Willkommens brauchen wir in dieser brennenden, sehnsuchtsgefüllten Welt, die hungert nach Frieden, nach Glück und Gewissheit. Wer nicht weiß, was gemeint ist mit dem Begriff „Willkommenskultur“, der sei erinnert an Jesus selbst. Der sucht die Gemeinschaft der Fremden und Elenden, sitzt mit ihnen zu Tisch; der lädt ein die Mühseligen und Beladenen. Er sucht und gewährt Gastfreundschaft. Das Neue Testament erzählt davon. Stets ist Jesus Gastgeber bei freudigen Mahlzeiten. Die Menschen spüren: Das Reich Gottes ist schon da. Wirksam und real. Am Ende der Speisung der Fünftausend heißt es: „Und sie aßen alle und wurden satt.“

Da ist er: der einladende Gott. Inklusion statt Exklusion. Keiner wird ausgeschlossen. Erst recht nicht die sonst immer Aussortierten: die für den ersten Arbeitsmarkt nicht Fitten, die keinen qualifizierten Schulabschluss hinbekommen, die Flüchtlinge und Migranten. Mehr als 200 Millionen Menschen weltweit leben als Migranten fern ihrer Heimat. Über 50 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Auch das ist Globalisierung: globale Wanderungsbewegungen von Menschen, die sich lokal beheimaten müssen. Ein kleiner Teil davon bei uns. Ein kleiner Teil, der – das weiß ich gut – eine große Herausforderung für uns alle bedeutet. Es ist die „Herausforderung Einwanderungsgesellschaft“. Grenzüberschreitende Migration gehört zur Normalität. In einer Welt voller Brandherde auch grenzüberschreitende Migration durch Menschen, die fliehen vor Gewalt, vor Todesdrohung und weil ihnen ihre Lebenschancen genommen werden. Diese getriebenen Menschen haben Furchtbares erlebt in ihrer Heimat und auf der Flucht. Diese Menschen können wir nicht sauber trennen in Flüchtlinge und Migranten mit und ohne Bleiberecht – jedenfalls nicht, wenn wir ihnen ins Gesicht schauen und sie wahrnehmen als Menschen mit einer Lebensgeschichte, mit Ängsten und Hoffnungen, mit Familie und Freunden: mit je eigener, unantastbarer Würde.

Die Speisung der Fünftausend: Es ist genug für alle da! Das ist ein starkes Bild für eine Kultur der geöffneten Arme, nicht nur gesuchten Fachkräften gegenüber. Diese großzügige Gastfreundschaft ist das Zentrum unseres Auftrags als Kirchen: Gottes Einladung, am Fest des Lebens teilzunehmen, weitergeben. Eine Einladung über alle Grenzen hinweg von Volk, Nation, Geschlecht,Leistungsfähigkeit, Hautfarbe und welche Ausgrenzungsideologien es noch gibt. Diese Kultur ist unsere Stärke, die gebraucht wird, und die zu unserem Innersten gehört. Wir buchstabieren uns so. Dort, wo der verkündet wird, der zusammen mit seinen Jüngerinnen und Jüngern 5 000 speiste, wächst die Dynamis, die Kraft des Evangeliums. Dort wächst eine Gesellschaft heran, die Fremde aufnimmt und beheimatet. Als christliche Gemeinde sind wir gebunden an Gottes Wort und nicht frei, Fremde nicht aufzunehmen – aber befreit, sie zu schützen. Darum geht es Gott: dass alle teilhaben an der Fülle, damit das Leben wieder ein Fest wird.

Gerhard Ulrich ist Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland, Leitender Bischof der VELKD und Herausgeber von zeitzeichen

Gerhard Ulrich

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Gerhard Ulrich

Gerhard Ulrich war bis vor kurzem Landesbischof der evangelischen Nordkirche und ist Herausgeber von zeitzeichen.


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