Hervorragend

Grundlagen der Reformation
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Der knappe Text ist ein hervorragendes Grundlagendokument dafür, das Reformationsjubiläum ökumenisch zu verstehen und zu gestalten.

Der ebenso traditionsreiche wie verdienstvolle Ökumenische Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen, Älteren noch als Jaeger-Stählin-Kreis ein Begriff (siehe Interview auf Seite 46), legt mit dieser Studie eine Würdigung der Ursachen, des Verlaufs und der Folgen der Reformation vor. Er verbindet sie mit systematischen Überlegungen dazu, wie sich reformatorische Impulse heute in ökumenischer Gemeinschaft aufnehmen und weiterführen lassen. Der knappe Text von vierzig Seiten, dem eine Einführung sowie eine englische Übersetzung beigegeben sind, ist ein hervorragendes Grundlagendokument dafür, das Reformationsjubiläum ökumenisch zu verstehen und zu gestalten.

Es räumt mit einigen verbreiteten Alternativen auf. Zu ihnen gehört die Frage, ob 2017 ein reformatorischer Aufbruch zu feiern oder eine Kirchenspaltung zu beklagen sein wird. Eine solche Sichtweise steht noch im Bann einliniger konfessioneller Deutungsmuster, die einer differenzierten und vernetzten Betrachtungsweise gewichen sind.

Ein nüchterner Blick auf Missstände in der spätmittelalterlichen Kirche und das Interesse an der Erneuerung der Frömmigkeit im 15. Jahrhundert gehören zusammen, wenn man die Reformation verstehen will. Ihre Absicht richtete sich nicht auf die Gründung einer „neuen Kirche“, also auch nicht auf die Spaltung der westlichen Christenheit, sondern auf die Erneuerung der Kirche aus dem Geist des Evangeliums. Entscheidend ist deshalb die „normative Zentrierung“ der Reformation in der Alleinigkeit der göttlichen Gnade als Grundlage des Heils und der Alleinigkeit des Glaubens in der Zueignung des Heils. Im kirchlichen Verfahren gegen Martin Luther erfolgte indessen eine Verschiebung von der Frage nach dem Heil zur Frage nach der Kirche.

Diese Verschiebung wirkt sich bis in die heutige ökumenische Situation aus. Daraus erklärt sich, warum die Verständigung über die Bedeutung von Gnade und Glaube sowie die gemeinsame Einsicht in die Bedeutung der Heiligen Schrift bisher nicht zu weitergehenden Schritten kirchlicher Gemeinschaft geführt haben.

Weitere Schritte zum gemeinsamen Abendmahl werden heute nicht durch unterschiedliche Auffassungen über das Sakrament selbst, sondern durch Unvereinbarkeiten im Amtsverständnis verhindert.

Diese Studie enthält viele Anregungen zur Weiterführung des ökumenischen Dialogs. Dabei brauchen die unterschiedlichen Grundeinstellungen der beteiligten Kirchen nicht verdeckt zu werden. Der Ökumenische Arbeitskreis plädiert für eine Haltung, die der Pluralität der Kirchen eher mit Wertschätzung als mit Besorgnis begegnet und deshalb das Reformationsjubiläum sowohl freudig feiern als auch mit selbstkritischer Besinnung verbinden kann.

Ausdrücklich fordert er, dass die römisch-katholische Kirche und die evangelischen Kirchen „einander explizit als Kirchen Jesu Christi anerkennen“, dass ihre Gemeinden möglichst oft ökumenische Gottesdienste feiern und dabei eucharistische Gastfreundschaft als Schritt auf dem Weg zu voller eucharistischer Gemeinschaft praktizieren. So kann das Reformationsjubiläum den Aufgaben dienen, die sich der Christenheit in der ganzen Welt dringlich stellen: Verkündigung des Evangeliums und Erschließung der Bibel als Buch des Lebens; Verantwortung für den nahen wie den fernen Nächsten sowie gemeinsames Zeugnis im politischen Gemeinwesen und nicht zuletzt: das Lob des dreieinigen Gottes als Quelle und Ziel alles Lebens.

In erfrischender Klarheit und Einmütigkeit wird das vorgeschlagen – darum: nimm und lies!

Volker Leppin/Dorothea Sattler (Hg.): Reformation 1517-2017. Herder Verlag/Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Freiburg/Göttingen 2014, 119 Seiten, Euro 20,–.

Wolfgang Huber

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