Gedrucktes Wort bleibt Leitmedium

Gespräch mit dem Generalsekretär der Deutschen Bibelgesellschaft über den Markt für Bibeln
Foto: privat
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Lutherbibel und Einheitsübersetzung sind die beliebtesten Bibelversionen, sagt Christoph Rösel, Generalsekretär der Deutschen Bibelgesellschaft. Allerdings holen Bibeln in heutigem Deutsch auf.

zeitzeichen: Herr Rösel, die Deutsche Bibelgesellschaft hat vor einigen Jahren eine Revision der Lutherbibel angeregt. Warum?

CHRISTOPH RÖSEL: Wir erwarten gerade im Jubiläumsjahr der Reformation eine breite Wahrnehmung. Und wir hoffen, dass durch die überarbeitete Fassung die Bedeutung der Lutherbibel für die deutsche Sprache und Kultur, aber gerade auch für die evangelische Kirche nochmal neu zur Geltung kommt. Wir sind ja nur in zweiter Hinsicht ein Verlag, sondern vor allem eine kirchliche Stiftung mit dem Ziel der Bibelverbreitung. Insofern haben wir eine starke inhaltliche Motivation.

Aber doch auch eine verlegerische, oder? Wie viele neue Lutherbibeln wollen Sie denn verkaufen?

CHRISTOPH RÖSEL: Wir haben eine Startauflage von 260.000 Exemplaren in vielen unterschiedlichen Ausgaben. Darunter sind zum Beispiel gut 12.000 Altarbibeln, wovon 10.000 schon verkauft sind. Wie lange wir für den Verkauf der restlichen Exemplare der Startauflage brauchen, ist schwer abzuschätzen. Aber wir hoffen, dass wir bereits 2017 nachdrucken müssen.

Wer kauft die neue Lutherbibel? Eher Pfarrer und andere Profis oder normale Gemeindemitglieder?

CHRISTOPH RÖSEL: Die ersten, die reagiert haben, waren die Landeskirchen. Denn dort war ja weithin bekannt, dass eine neue Lutherbibel in Arbeit ist. Wie das in den einzelnen Gemeinden oder denjenigen ist, die die Bibel privat lesen, kann man jetzt noch nicht sagen. Die neue Lutherbibel wird zwar vom Rat der EKD zum Gebrauch empfohlen, aber niemand ist dazu gezwungen. Das ist anders als etwa bei der katholischen Einheitsübersetzung, die auch demnächst auf den Markt kommt. Die ist dann für die Liturgie verbindlich. Das ist in den evangelischen Gemeinden anders.

Ist die Lutherbibel die am meisten verkaufte Übersetzung in Deutschland?

CHRISTOPH RÖSEL: Genaue Zahlen gibt es nicht, weil kein Verlag seine Verkäufe im Detail veröffentlicht. Aber mit Blick auf die Statistiken aus dem Buchhandel lässt sich sagen, dass Lutherbibel und Einheitsübersetzung in etwa gleichauf liegen. Darin sind die Direktverkäufe der Verlage an Schulen oder Gemeinden nicht berücksichtigt.

Welche anderen Übersetzungen und Bibelausgaben sind besonders gefragt?

CHRISTOPH RÖSEL: Die „Gute Nachricht“, also die Bibel in heutigem Deutsch, liegt ziemlich klar an dritter Stelle. Danach wird das Bild etwas verschwommen, weil die Direktmärkte jenseits des Buchhandels immer wichtiger werden. Aber tendenziell lässt sich sagen, dass die ebenfalls in heutigem Deutsch verfasste „Hoffnung für Alle“ und die sehr texttreue „Elberfelder Bibel“ gerade im freikirchlichen Bereich eine stabile Leserschaft haben. Und auch die BasisBibel, von der ja bislang nur die Psalmen und das Neue Testament erhältlich sind, gewinnt an Bedeutung.

Welche Rolle spielt das Internet oder die Bibel als E-Book?

CHRISTOPH RÖSEL: Die Online-Präsenz der Bibel ist sehr wichtig, weil viele Menschen Bibelstellen mittlerweile im Internet nachschlagen. Die Zugriffszahlen auf unserer Seite www.die-bibel.de steigen jährlich, die klassische Konkordanz in Buchform ist ein Auslaufmodel. Grundsätzlich werden aber alle elektronischen Ausgaben, sei es auf dem E-Reader oder auf dem I-Pad, vor allem als zusätzliches Angebot genutzt. Alle uns zugänglichen Umfragen ergaben, dass niemand, der die Bibel digital liest, sie nur digital liest. Die gedruckte Version bleibt das Leitmedium.

Welche verlegerische Idee mit Blick auf die Bibel war denn in den vergangenen zehn Jahren besonders gut?

CHRISTOPH RÖSEL: Da sehe ich vor allem die BasisBibel. Der Text ist ja auch eine Neuübersetzung die „dem Volk aufs Maul schaut“, ohne dabei banal zu sein. Es geht aber um Verständlichkeit, kein Satz ist länger als 16 Wörter, es gibt maximal einen Nebensatz. Das hilft beim Leseverständnis und wird durch das Druckbild unterstützt. Jede Zeile ist eine Sinneinheit und die Erläuterungen von möglicherweise unbekannten Begriffen stehen direkt in einer Randspalte neben dem Text. Ursprünglich waren junge Leute die Zielgruppe, aber mittlerweile ist das ein Projekt für alle Generationen. Wir bekommen viele positive Reaktionen und hoffen, in einigen Jahren den kompletten Bibeltext übersetzt zu haben.

Und welches Projekt hat weniger gut funktioniert?

CHRISTOPH RÖSEL: Das gibt es auch immer wieder. Wir haben zum Beispiel mal eine „Gute Nachricht“ mit Wechselcovern in einem Plastik-umschlag auf den Markt gebracht. Die Buchhändler haben uns nämlich gesagt, dass sich viele Kunden ein individuelles Cover auf der Bibel wünschen. Aber es hat nicht funktioniert, diese Bibel liegt leider wie Blei in den Regalen. Das war den Leuten offenbar zu künstlich.

Wie wird sich der Markt zukünftig entwickeln? Welche Bibel lesen wir in zwanzig Jahren?

CHRISTOPH RÖSEL: Ich glaube, dass die Bibelübersetzungen, die jetzt eine wichtige Rolle spielen, auch weiterhin führend sein werden. Die spannende Frage ist, ob wir tatsächlich neue Leser gewinnen können. Im Moment ist es wahrscheinlicher, dass sich jemand die vierte oder fünfte Bibel kauft, als dass man einen Erstleser gewinnt. Und dann sind wir ja auch von äußeren Faktoren abhängig. Welche Bibeln werden in der Schule gelesen? Wie wird die kommende Pfarrergeneration den Konfirmationsunterricht gestalten? Welche Rolle spielt da die Bibel? Die Mitgliederzahlen der Kirchen gehen zurück, es gibt einen großen Traditionsabbruch - das alles sind schon große Herausforderungen. Aber ich bin optimistisch, dass wir auch künftig mit der Bibel immer wieder neue Lesergruppen erreichen.

Das Gespräch führte Stephan Kosch am 8. September 2016.

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