Lüsternes Flüstern

Eine heitere Abendmusik
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Ein Album von hoher klanglicher Variabilität, mit all die getupften, geschlagenen, gestreichelten nuancenreichen Klangbilder entstehen.

Mythos-Fantasie-Impression, so könnte man die Summe der Musik für Flöte überschreiben“ – mit diesen Worten heißt der Flötist Hannes Immelmann die Besucher seiner Website willkommen. „Mythos-Fantasie-Impression“ ist gleichfalls die Umschreibung des Repertoires, das er auf seiner dritten CD vorstellt, die nur mit Gitarren/Theorben-Begleitung aufgenommen wurde. Gemeinsam mit Cesar Queruz, Mitglied der London Early Opera, präsentiert er als Duo Serenata eine „heitere Abendmusik“. Dabei spielen die beiden nicht nur Besonderheiten der Literatur des 17., 19. und 20. Jahrhunderts, sondern auch mit den Farben verschiedener Instrumente und den Stimmungen vergangener Zeiten. Selbst der wehmütig-süße Rahmen der CD – Greensleeves – ist am Ende nicht, was er am Anfang war, und kleidet die weltberühmte, klagende Romanesca des Beginns schließlich in ein jazzig verspieltes Gewand.

Aufhorchen lässt insbesondere die klangliche Variabilität, mit der über die gesamte CD hinweg all die getupften, geschlagenen, gestreichelten – kurz: allesamt nuancenreichen Klangbilder entstehen. Das liegt einerseits an den Instrumenten. Deren jeweilige unterschiedliche Bauart und Materialien eröffnen selbstredend unterschiedliche Möglichkeiten: die hölzerne friderizianische Traversflöte hat weniger Möglichkeit im Volumen und der Klanggestaltung, besticht aber durch ihre samtene Weichheit, die noch dem heitersten Moment eine einzigartig duftende Melancholie mitgibt. Dem folgt die metallene Konzertflöte mit einer Farbvielfalt, die vom lüsternen Flüstern bis zum beinah berstenden Beben scheinbar alles vermag. Begeisterung kommt auf bei den fabelhaften Werken von Astor Piazzolla, ebenso bei Benjamin Britten – Immelmann spielt dessen Ovidische Metamorphosen opus 49, die eigentlich für Oboe komponiert sind. Aber das, was er mit der Flöte daraus macht, vermag die schönste Oboe nicht. Immelmann erweitert das Interpretationsfeld derart überzeugend ins Lichte hinein, dass der kleine Zyklus regelrecht rauschhaft überredende Spielmannsqualitäten erhält. Giovanni Girolamo Kapsberger, Antonio Vivaldi und auch Jean Féry Rebel musiziert das Duo aus einer großen Ruhe heraus, die seitens der Flöte beinahe schon zu sehr einem melancholischen Duktus verpflichtet ist. Hier kommt aber Cesar Queruz doppelt ins Spiel, der sich nicht nur als brillanter, spielgewandter Techniker auf Theorbe und Gitarre erweist, sondern auch seine Musizierlaune bestens unter Beweis stellt, indem er die Flöte immer wieder derart sinnlich werbend umgarnt, als lege er der Zögerlichen einladend ein Collier für einen Ball um den Hals.

Klaus-Martin Bresgott

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