Relektüre empfohlen

Vor zehn Jahren erschien die „Denkschriftendenkschrift“ der EKD
Wie soll sich die EKD gegenwärtig zu politischen Fragen sinnvoll öffentlich äußern? Darüber ist in einer alten Denkschrift viel Nützliches zu lesen.

Verglichen mit den großen Jubiläen unserer Tage – 500 Jahre Reformation, 200 Jahre Karl Marx, 50 Jahre 1968 – ist es ein eher kleines: Im Jahre 2008, vor zehn Jahren also, erschien eine Denkschrift der EKD, die unter dem paradox klingenden Namen „Denkschriftendenkschrift“ bekannt geworden ist. Ihr offizieller Titel lautete: „Das rechte Wort zur rechten Zeit“, der Untertitel: „Eine Denkschrift des Rates der EKD zum Öffentlichkeitsauftrag der Kirche“. Es ist ein Text aus der Zeit des Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, eine Zeit, die von vielen als „Ära Huber“ bezeichnet wird.

In der Denkschriftendenkschrift von 2008 wurden die verschiedenen Veröffentlichungsformate der EKD neu kategorisiert: Ganz oben steht die Denkschrift, dann kommt das Impulspapier – darunter fällt „Kirche der Freiheit“ aus dem Jahre 2006, die wohl wirkmächtigste Veröffentlichung der Ära Huber – und danach kommt dann die Orientierungshilfe. Eine solche löste 2013 unter dem Namen „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“ – kurz: „Familienpapier“ – große Diskussionen aus.

Mit der „Denkschriftendenkschrift“ 2008 wurde der Versuch unternommen, Ordnung in die zuweilen unübersichtlich wuchernden Äußerungen aus dem Raum der EKD zu bringen. Das alles geschah damals in einem zentralistischen Sendungsbewusstsein, das zum einen von einer gewissen Finanzknappheit und dem damit einhergehenden Spardruck diktiert war, der ein Zusammenrücken der Landeskirchen nötig zu machen schien. Zum anderen speiste sich dieses Bewusstsein aus der charismatischen Persönlichkeit des damaligen Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber. „Alles geht in Richtung EKD“, raunte man sich damals zu. Heute sind die Verhältnisse anders: Der Spardruck ist momentan nicht so stark, da die Steuereinnahmen (noch) sprudeln, und der zentrale Reformgeist von „Kirche der Freiheit“ hat sich in zahlreiche, durchaus nützliche landeskirchliche Einzelgeister verflüchtigt, die für sich sehr sinnvoll sind, aber deren Taktgeber nicht mehr automatisch die EKD sein muss.

Eine Menge Streit gab es in den vergangenen Jahren hingegen über die Art und Weise, wie sich die EKD gegenwärtig zu politischen Fragen sinnvoll öffentlich äußern sollte. Darüber ist in der Denkschriftendenkschrift von 2008 viel Nützliches zu lesen. Da wird klar unterschieden zwischen der öffentlichen Äußerung von „Christen, die sich zu Wort melden und ihrem Glauben in Auseinandersetzung mit Fragen der Zeit Ausdruck verleihen“ und „Äußerungen der Kirche als Institution“. Zu letzteren heißt es im Text, sie sollten „nicht allein durch die persönliche Verantwortung“, sondern auch durch eine „institutionalisierte Verantwortung legitimiert“ sein. Eine wichtige Unterscheidung!

Angesichts der Auseinandersetzungen über die Zukunft Deutschlands und Europas vor dem Hintergrund von Migration und dem Unbill politischer Instabilität wäre es an der Zeit, wieder einmal ein wegweisendes kirchliches „rechtes“ Wort zu formulieren, eine „Denk-Schrift“ im wahrsten Sinne des Wortes. Zuvor jedoch sei die Relektüre der kurzen, überaus klugen EKD-Denkschriftdenkschrift von 2008 dringend empfohlen.

Die Denkschriftendenkschrift im Internet

Reinhard Mawick

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