Wortreiche Abwehr

Frauen in der katholischen Kirche
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Die Gleichstellung der Frauen, ihre Zulassung zum Priesteramt, ist keine Nebensache, die man auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben kann.

Als Redakteurin für kirchliche Themen beim Deutschlandfunk hat Christiane Florin häufig Gelegenheit, mit katholischen Würdenträgern zu sprechen. Jedes Mal stellt sie am Ende auch diese Frage: „Wann wird es die erste katholische Bischöfin geben?“ Erwartungsgemäß bekommt sie darauf keine Antwort, erntet allenfalls ein Auflachen und, gewiss, wortreiche Abwehr: Warum müssten sich die Frauen denn so auf das Amt fixieren? Es habe sich doch schon viel getan in den vergangenen Jahren: Es gibt nicht nur Messdienerinnen, sondern auch Theologieprofessorinnen, es gibt eine Frauenquote in der Verwaltung der Bistümer und Frauen, die Seelsorgeämter leiten. Schließlich habe Papst Franziskus 2016 eine Kommission eingesetzt, die prüfe, welche Rolle Diakoninnen in der frühen Kirche gespielt haben. Damit deutet sich doch immerhin eine Perspektive an für ein mögliches weibliches Weiheamt.

Außerdem hat die Kirche in dieser friedlosen Welt doch wohl Wichtigeres zu thematisieren. Was müssen da ein paar westliche Frauen auch noch Tumult stiften mit einer Forderung, die bei der überwältigenden Mehrheit der Weltkirche auf Widerstand stößt?

Florin will sich mit flauen Abwehrreaktionen nicht abfinden in einer Frage, bei der es für sie um die Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit ihrer Kirche geht. Mit viel Humor und einiger Leidenschaft stellt sie in ihrer Streitschrift klar: Die Gleichstellung der Frauen, ihre Zulassung zum Priesteramt, ist keine Nebensache, die man auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben kann. Solange den Frauen die Weihe versagt bleibt, wird das katholische Verhältnis zur weiblichen Hälfte der Menschheit verdruckst bleiben. Solange es als eine Art höherer Wahrheit im Raum stehen bleibt, dass es die Männer sind, die über die „Bestimmung der Frau“ Bescheid wissen, befindet sich die katholische Kirche an der Seite der Gesellschaften, die Frauen die Gleichberechtigung verweigern. Florin will den Papst beim Wort nehmen, der angetreten ist, seiner Kirche die „klerikalen Ängste“ auszutreiben: „Die Wirklichkeit ist wichtiger als die Idee.“ Mit dieser für den Vatikan revolutionären Formulierung hat Franziskus ja bereits in der katholischen Ehe- und Familienlehre für Bewegung gesorgt.

Nur wenn es um die Priesterweihe für Frauen geht, bleibt auch er äußerst verhalten. Aber der Wirklichkeit im 21. Jahrhundert halten ja auch all die Begründungen nicht stand, die im Lauf der Zeit gegen das Priesteramt für Frauen erfunden wurden, und deren Wandelbarkeit, wie Florin aufzeigt, nicht ohne Komik ist: Galt es im Mittelalter als erwiesen, dass Frauen schlicht minderwertig waren, so neigt man heute dazu, sie wegen ihrer „marianisch-prophetischen“ Bestimmung hochzuloben und ihnen nahezulegen, dass sie doch viel zu gut für das Amt seien. War man früher der Ansicht, dass vor dem Altar jemand stehen müsse, der Christus ähnlich sehe, also ein Mann, so begnügt man sich heute mit der leider nicht zu widerlegenden Feststellung, dass es in der Geschichte der Kirche keine Vorbilder für ein weibliches Priesteramt gibt. Die Kirche habe anderen Wahrheiten zu folgen als die Welt – mit diesem stahlharten Diktum hat 1994 das apostolische Schreiben „Ordinatio sacerdotialis“ die Diskussion beendet, die in den Siebziger- und Achtzigerjahren schon mal hoffnungsvoller geführt worden war. Seitdem sind es viele Katholikinnen müde geworden, das scheinbar Unmögliche zu wollen – und die Evangelischen geben sich auch keine Mühe mehr, sie zu ermuntern.

Das ebenso unterhaltsame wie informative Buch von Christiane Florin aber macht Lust und Mut, die Debatte wieder aufzunehmen. Zu Recht fragt sie: „Wann, wenn nicht jetzt?“

Angelika Obert

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