Er zog im Hintergrund die Fäden

Eine Ausstellung in Altenburg würdigt Georg Spalatin
Foto: pixelio/Dietmar Meinert
"Wenn ich nicht gewesen wäre, nimmer wäre es mit Luthero und seiner Lehr so weit gekommen."

"Wenn ich nicht gewesen wäre, nimmer wäre es mit Luthero und seiner Lehr so weit gekommen." Welch kühne Behauptung! Wer ist dieser Mann, der selbstbewusst von sich sagt, ohne ihn wäre die Reformation nicht so erfolgreich gewesen, wie sie es war? Es ist Georg Spalatin (1484-1545), Humanist, Theologe, Reformator, Historiker sowie Freund und Beschützer Martin Luthers.

Zum festen Bestandteil des Geschichtswissens gehört, dass Luther 1521 nach einem fingierten Überfall auf die Wartburg entführt wurde. Wie es dazu gekommen ist und wer im Hintergrund die Fäden gezogen hat, darüber hingegen ist wenig bekannt.

Es ist dem diplomatischen Geschick Spalatins zu verdanken, dass Luther nicht nach Rom ausgeliefert und seine Lehre nicht verhindert wird. Eine Ausstellung im thüringischen Altenburg würdigt Spalatin als "Steuermann der Reformation".

Am 17. Januar 1484 im fränkischen Spalt geboren, führt ihn sein Weg über Nürnberg, Erfurt, Wittenberg nach Altenburg, der heute weltberühmten Spielkartenstadt. Spalatin studiert Philosophie, Rechtswissenschaften und Theologie. 1508 wird er in Erfurt zum Priester geweiht. Danach beginnt seine höfische Laufbahn als Prinzenerzieher. Im Auftrag des Kurfürsten Friedrich iii. von Sachsen (1463-1525) unterrichtet Spalatin dessen Neffen Johann Friedrich (1503-1554). 1510 erhält er den Auftrag, eine Chronik des kurfürstlich-sächsischen Hauses zu schreiben. Neben seinen Tätigkeiten als Prinzenerzieher, Historiograph und kurfürstlicher Bibliothekar betraut ihn Friedrich der Weise mit vielfältigen Funktionen.

1511 wird Georg Spalatin die Domherrenstelle am St.-Georgen-Stift in Altenburg übertragen. 1516 tritt er als Geheimdiplomat und Hofsekretär in den unmittelbaren Dienst des Kurfürsten. Er berät Friedrich den Weisen in theologischen und kirchenpolitischen Fragen, begleitet ihn zu fast allen Reichstagen und vermittelt zwischen ihm und Martin Luther.

Die Freundschaft mit Luther beginnt etwa 1514. Die ereignisreichsten Jahre liegen zwischen 1518 und 1525. Spalatins große Stunde schlägt, als 1518 in Rom der Ketzerprozess eröffnet und Luther dorthin zitiert wird. Luther soll aber nicht nach Rom ausgeliefert, sondern auf deutschem Boden verhört werden. Das ist das Ziel der Verhandlungen zwischen Spalatin, Friedrich dem Weisen und Luther. Es gelingt Spalatin, den Kurfürsten zu einer Politik zu bewegen, die Luther schützt. "Wenn ich nicht gewesen wäre, nimmer wäre es mit Luthero und seiner Lehr so weit gekommen."

Diese spannende Reformationsgeschichte zeichnet die Ausstellung "Georg Spalatin - Steuermann der Reformation" in Altenburg nach. Sie stellt detailliert den Werdegang des Gelehrten dar, beleuchtet die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der damaligen Zeit sowie das Leben am kurfürstlich-sächsischen Hofe. Die Situation der Stadt Altenburg im 16. Jahrhundert kommt ebenso in den Blick wie Glauben und Frömmigkeit am Vorabend der Reformation. Im Residenzschloss werden Gemälde, Grafiken, Briefe, Rechnungen und Alltagsgegenstände präsentiert. Als kostbarstes Exponat gilt die von Spalatin verfasste Chronik der Sachsen und Thüringer.

Mit der Schau im Schloss korrespondiert die Ausstellung in der Stadtkirche, Spalatins Wirkungsstätte an 1525. Sie stellt die Ideen der Reformation dar und kommentiert sie aus Spalatins Sicht.

Die Ausstellung rückt Altenburg ins Licht der Öffentlichkeit als eine Stadt, in der Geschichte geschrieben wurde. Und sie würdigt den Mann an Luthers Seite, ohne den die Reformation vielleicht tatsächlich einen anderen Verlauf genommen hätte.

Die Sonderausstellung "Georg Spalatin - Steuermann der Reformation" ist bis zum 2. November im Residenzschloss und in der St. Bartholomäi-Kirche in Altenburg zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, jeweils 9.30 bis 17 Uhr.

Sabine Kuschel

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