Auf den Spuren

Über Argula von Grumbach
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Birnstein, lässt die Zeit der Reformation lebendig werden. Er weckt aber auch die Lust daran, den Lebensspuren der frommen Adeligen auf einer eigenen Reise zu folgen.

Das Interesse an der weiblichen Seite der Reformation wächst. Haben es diese mutigen Frauen, die sich bereits vor 500 Jahren selbstbewusst in die theologischen Dispute der männlichen Gelehrten einmischten, längst verdient gewürdigt zu werden. Im Schloss Rochlitz wird dieses Erbe in der beeindruckenden Ausstellung "eine STARKE FRAUENgeschichte - 500 Jahre Reformation" in die Gegenwart getragen.

Der Theologe und Journalist Uwe Birnstein widmet sich in seinem Buch in einer leicht lesbaren Biografie nicht nur der Vita dieser außergewöhnlichen Frau, sondern macht auch Lust, ihren Spuren in Franken und Bayern zu folgen. Insgesamt vier Touren schlägt Birnstein vor, um der bayrischen Aristokratin auf ihren verschiedenen Lebensstationen zu folgen.

München ist dabei: am dortigen Hof verbrachte sie Jahre ihrer Jugend. Ingolstadt natürlich, denn mit der dortigen Universität und ihrem Rektor Johannes Eck wollte die gebildete Laientheologin öffentlichkeitswirksam auf Deutsch disputieren. Regensburg mit seinem Reichstag, über den sie nur verächtlich schreiben konnte: "Würde man Fleiß auf Gottes Wort legen statt auf Essen, Trinken, Banketts und anderes, würde es bald besser." Aber auch der kleine Ort Hausham mit der einzigen "Argulakirche" wird vorgestellt.

Birnstein, der bereits zahlreiche Biografien zu historischen und theologischen Themen veröffentlicht hat, kennt sich in der Frühen Neuzeit gut aus. Er schreibt flott und findet immer wieder griffige Formulierungen, um den "garstigen breiten Graben" (Lessing) der Geschichte doch zu überspringen. So beschreibt er Argulas Kindheit zwischen "Fantasy und Bibel", erläutert ihr großes Netzwerk, würdigt sie als "Mutter Courage" und geht auch der Angst der Männer vor gebildeten Frauen nach.

Ausführlich wird aus Argulas Schriften zitiert, mit denen sie in den Jahren 1523/34 Auflagenzahlen erreichte wie nur Martin Luther. Eine Bestsellerautorin der frühen Reformationszeit also. Birnstein übersetzt dabei die Worte Argulas in flüssige heutige Sprache, was die Lektüre erfrischend macht. Die "geisterfüllte Bibelkennerin" hat es ihm angetan, denn: "Argula eröffnete mir eine andere Perspektive der Reformation." Anhand ihrer Gestalt erzählt er die Geschichte einer "Reformation von unten".

Er schlägt aber auch immer wieder den Bogen in die Gegenwart, etwa wenn er die heutige Situation von Frauen in der Kirche kritisch reflektiert. Die Lage in der evangelischen Kirche sei "subtil", denn es gebe mittlerweile immerhin ein Drittel Pastorinnen, zwei Drittel von ihnen arbeite allerdings in Teilzeit. Und je höher die Ämter, desto niedriger sei der Frauenanteil. Trotzdem, so Birnstein, sähen viele mit Sorge eine "Verweiblichung" der evangelischen Kirche drohend am Horizont erscheinen. Kirchenleitenden Männern "ging der Aufstieg der Frauen in der Kirche in den letzten 50 Jahren offensichtlich zu rasant vonstatten", lautet daher sein Befund.

Birnstein, lässt die Zeit der Reformation lebendig werden. Er weckt aber auch die Lust daran, den Lebensspuren der frommen Adeligen auf einer eigenen Reise zu folgen. Denn die Verbindung von Biografie und Reiseführer ist reizvoll und gelungen. "Gerade bei Argula ist das Erkunden ihres Lebensumfeldes relativ leicht und noch dazu von touristischen Hochgenüssen sowie allerfeinsten Kultur- und Naturerlebnissen gekrönt."

Uwe Birnstein: Argula von Grumbach. Neufeld Verlag, Schwarzenfeld 2014, 128 Seiten, Euro 14,90.

Sonja Domröse

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