Ein begrifflicher Widerspruch

"Ehe für alle" - ein Bruch mit unserer kulturellen Herkunft
Foto: privat
Es ist gut, dass es ein der Ehe ähnliches Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Paare gibt, aber wir sollten den Mut haben, mit Unterschieden und Differenzierungen zu leben.

Es ist ausdrücklich zu begrüßen, wenn auch in homosexuellen Partnerschaften all diejenigen Werte gelebt werden, die für die traditionelle Ehe von Mann und Frau konstitutiv sind. Wir können dafür dankbar sein, dass wir heute in einer freien Gesellschaft leben, in der homosexuell geprägte Menschen längst nicht nur nicht mehr diskriminiert oder verfolgt werden, sondern auf fast selbstverständliche Weise Toleranz, Akzeptanz und sogar große Sympathie genießen. Im Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft finden homosexuelle Paare seit geraumer Zeit einen festen, rechtlichen Rahmen, der - auch durch höchst richterliche Urteilssprüche - weitgehende Privilegien genießt. Sollte die rechtliche Privilegierung dieses Institutes, wie zu erwarten ist, auch in Zukunft weiter anwachsen und dann sogar die völlige Gleichstellung mit der klassischen Ehe Realität werden, dann stellt sich eine weitere entscheidende und grundlegende Frage: Was hindert eigentlich am Ende, bei der Vielzahl der in unserer Gesellschaft anzutreffenden (übrigens mitunter auch nicht sexuell grundierten) Formen von verbindlichen Partnerschaften und Familienmodellen jenseits der traditionellen Ehe, demnächst nicht auch noch ganz anderen Beziehungsmodellen dieselben Rechtsprivilegien zu gewähren?

Weitergabe des Lebens

Um nun nicht missverstanden zu werden: Es ist gut, dass es ein solches rechtliches Institut für homosexuelle Paare gibt. Es sollte allerdings nicht ganz vergessen werden, dass es hierbei eben nicht nur um die selbstverständliche Akzeptanz von Liebe und gegenseitiger Verantwortung Homosexueller geht, sondern immer auch um die ganz handfeste Erstreitung entsprechender Rechte und Privilegien für diese bestimmte Gruppe.

Gerade hier muss deshalb nun auch eine Lanze für die bestehende Ehe gebrochen werden: Nur die Ehe, verstanden als die klar definierte personale Gemeinschaft von Mann und Frau, verbindet aus sich selbst heraus den Aspekt der lebenslangen Treue- und Fürsorgegemeinschaft mit der Offenheit für die Weitergabe des Lebens. Dass Kinderwünsche nicht erfüllt werden oder nicht bestehen, widerspricht übrigens nicht diesem für die Ehe konstitutiven Aspekt von Familiarität und Generativität.

Bei aller Wertschätzung für andere verantwortliche Formen von Liebe, Partnerschaftsglück und familiärem Beisammensein gilt es genau diesen wichtigen Unterschied wieder deutlich und bewusst zu machen. Und es gilt insbesondere aus der Kindeswohlperspektive zu fragen: Dient es nicht diesem Kindeswohl in ganz besonderer Weise, wenn es in einer geborgenen Familie mit Vater und Mutter aufwächst?

Mit Unterschieden leben

Auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften und in Ehen, die ohne Kinder bleiben, übernehmen die Partner dauerhaft füreinander Verantwortung. Auch in Partnerschaften ohne Trauschein sorgen Eltern fürsorglich für ihre Kinder. Auch Geschiedene, Alleinerziehende, Patchwork- und "Regenbogenfamilien" suchen und ringen natürlich und selbstverständlich um das Beste für ihre Kinder. Das ist gut so und soll in keiner Weise abgewertet werden.

Die "Ehe für alle" ist im Grunde genommen ein begrifflicher Widerspruch in sich selbst und wäre ein Bruch mit unserer kulturellen Herkunft und ihren biblischen Wurzeln. Wir sollten den Mut und die Zuversicht haben, mit Unterschieden leben zu können und Differenzierungen zulassen zu können. In Kirche, Gesellschaft und Politik benötigen wir eine versachlichte, verantwortliche und versöhnliche Auseinandersetzung, bei der am Ende sichtbar wird, dass es hier - wie auch bei anderen vergleichbaren ethischen und politischen Kontroversen - nicht um ein einfaches "schwarz" oder "weiß" geht.

Volker Jung: Die Öffnung nimmt nichts weg

Christian Meissner

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