Kein Befreiungsschlag

Bätzings Fehlstart als neuer Vorsitzender der Bischofskonferenz
Foto: Rolf Zöllner

Das nennt man dann wohl einen Fehlstart. Der Limburger Bischof Georg Bätzing war noch keine 48 Stunden als neuer Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz im Amt, da musste er in Mainz eine Entscheidung seiner Mitbrüder öffentlich vertreten, die zu verteidigen schlicht nicht möglich ist: Anstatt den Opfern des Jahrzehnte langen Missbrauchs in der katholischen Kirche endlich angemessene Entschädigungen für ihr ewiges Leid zu zahlen, sollen sie weiterhin nur – ein juristisch wichtiger Unterschied – „Anerkennungszahlungen“ erhalten, die sich an gerichtlichen Schmerzensgeld-Entscheidungen orientieren. Das bedeutet: Mehr als 50 000 Euro werden die einzelnen Opfer wohl nicht bekommen. Dabei hatte eine Arbeitsgruppe unabhängiger Fachleute den Bischöfen bei ihrer letzten Vollversammlung im vergangenen Herbst viel höhere Zahlungen empfohlen, nämlich jeweils bis zu 400 000 Euro.

Bätzing darf somit seinen Flug im neuen Amt mit schweren Gewichten an seinen Füßen beginnen. Denn was seit vergangenem Herbst als ein Befreiungsschlag nach zehn Jahren der elenden Diskussion über den Missbrauch in der Kirche erhofft wurde, ist am Ende doch nur ein Schlag ins Wasser geworden, beschämend für die Kirche und die gedemütigten Opfer. Das Missbrauchsthema wird an der katholischen Kirche der Bundesrepublik weiter kleben bleiben wie Pech und Schwefel, und das zu Recht. So ist kein neuer Aufbruch möglich.

Dabei haben einige einen solchen Aufbruch von Georg Bätzing erwartet. Der Limburger Bischof steht für die eher reformbereite Mehrheit in der Deutschen Bischofskonferenz. Er ist ein eindeutiger Befürworter des Synodalen Weges, mit dem die hiesige katholische Kirche versucht, Reformen voranzubringen – und wer Bätzing in den Sitzungen des Synodalen Weges vor wenigen Wochen in Frankfurt am Main erlebt hat, nimmt ihm ab, dass ihm dieser Reformprozess am Herzen liegt (zumal er auch noch in seinem Bistum stattfindet).

Positiv steht Bätzing den Forderungen einer überwältigenden Mehrheit in den Versammlungen des Synodalen Weges gegenüber: Dass das Zölibat in der katholischen Kirche zu einer freiwilligen Angelegenheit des einzelnen Priesters wird, das hält er für richtig – weg vom Zwangszölibat, das die Priester in der Kirche Roms seit rund tausend Jahren knechtet und wenig mehr gebracht hat als Leid und Lüge. Den Frauen in der katholischen Kirche will Bätzing gern zu mehr Einfluss verhelfen – auch wenn Weiheämter für sie nach dem letzten Papstschreiben zur Amazonas-Synode weiterhin in weiter Ferne liegen. Die ökumenische Aufgeschlossenheit wirkt bei Bätzing echt und vom Ökumenischen Kirchentag im kommenden Jahr in Frankfurt, wieder in seinem Bistum, ist manch Positives zu erwarten, auch wenn es dort wieder nicht zu gemeinsamen Abendmahlsfeiern kommen soll. Dieses Aufbruchssignal ist vom Treffen der Bischöfe in Mainz ebenfalls nicht ausgegangen.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz hat wenig Macht – mehr als ein Moderator der sehr autonomen Bischöfe ist er qua Amt nicht. Solang die Mehrheit der Bischöfe nicht bereit ist, mutige Reformschritte zu wagen, die Rom vielleicht missfallen könnten, wird Bätzing wenig ausrichten können. Trotz allen guten Willens.

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