Klingendes Leuchten

Oratorium von Uwe Steinmetz

Luther und Melanchthon waren dabei, als diese CD entstand, denn sie wurde in der Schlosskirche zu Wittenberg aufgenommen, wo die beiden Reformatoren im Altarraum begraben liegen. Aufgenommen wurde sie einen Tag, nachdem das Oratorium „Laß leuchten uns dein göttlich Licht“ am Buß- und Bettag 2020 in der Berliner Emmauskirche im gottesdienstlichen Rahmen seine Uraufführung erfahren hatte. In diesem Werk verbindet der Komponist und Musiker Uwe Steinmetz (geboren 1975) Freiheit und Improvisation mit klarer Form. Das bedeutet, es kann sich zuhause fühlen, zumindest ein Stück weit, auch wer kein geübter Spiritual-Jazz-Hörer ist, denn Spiritual Jazz ist die musikalische Sprache von Steinmetz – jene Musik, die ihre Wurzeln in den protestantischen Kirchen Nordamerikas hat und für die Namen wie Duke Ellington, Mary Lou Williams und John Coltrane stehen. Bei Steinmetz kommt noch eine dezidierte Kenntnis und Praxis der europäischen Kirchenmusik und Geistestradition hinzu. Alles Elemente, die in dem neuen Oratorium eine reiche, überzeugende Verbindung eingehen.

Auch textlich ist „Laß leuchten uns dein göttlich Licht“ eine reiche Mischung aus biblischen Texten und Passagen aus Luthers reformatorischen Hauptschriften, deren 500-jähriges Bestehen im vergangenen Jahr den Anlass für die Komposition darstellte, und eindringlichen Worten des Triviums John Miltons, Dietrich Bonhoeffers und des zeitgenössischen Dichters und Pfarrers Christian Lehnert. Worte, die gelesen und dann umhüllt werden von einer inspiriert-anregenden jazzigen Melange, die in ihrer Motivik allein sieben Choräle Martin Luthers aufruft und zitiert.

Man sollte es hören, denn was kann man dazu sagen oder schreiben? Vielleicht das, was die Berliner Regionalbischöfin Ulrike Trautwein, die mit Steinmetz und den Seinen den Gottesdienst feierte, in ihrem lesenswerten Text im Beiheft festhielt. Auf sie, so Trautwein, wirke das alles „nicht wie ein Vortragen von Musik, nicht wie Vorspielen, sondern wie ein langes meditatives Gebet, crossgenre und gewissermaßen mit mixed materials, also ein gemeinsames, liturgisches Durchspielen. Sie laden mich ein, (…) herauszufinden, was sich zwischen den Texten und Klängen und dem Nebeneinander ereignet – ganz persönlich und tiefenrührend.“

Das ist wahrhaft gut gesagt über ein Werk, in dem es viel zu entdecken und wiederzuentdecken gibt, so auch eine Passage Dietrich Bonhoeffers aus „Widerstand und Ergebung“, die mit dem Satz endet: „Mag sein, dass der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.“

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