Jäher Verlust

Christoph Schwöbel überraschend verstorben
Christoph Schwöbel
Foto: privat

Plötzlich und völlig unerwartet ist Christoph Schwöbel, Professor für Systematische Theologie, am 18. September 2021 im Alter von 66 Jahren verstorben. Er gehörte zum Herausgeberkreis von Zeitzeichen und hat hier mancherlei Anregungen und Artikel eingebracht. Nach seiner Promotion bei C.H. Ratschow in Marburg erlebte er am King‘s College in London eine prägende Zeit, die ihm den angelsächsischen Raum und weltweite Kontakte eröffnete. Akademische Stationen waren die Lehrstühle in Kiel, Heidelberg und Tübingen.

Sehr am direkten Dialog interessiert suchte er das Gespräch mit anderen, arbeitete in unzähligen Kooperationen gern interdisziplinär nicht nur innerhalb der Theologie, sondern auch mit Gesprächspartnern aus Religionsphilosophie und Naturwissenschaften. Verwurzelt in einer biblisch-reformatorischen Theologie griff er engagiert und voller Neugier Fragen und Themen auf, um auf einem ungemein breiten theologiegeschichtlichen Hintergrund, aber auch im internationalen Horizont aktueller philosophischer Diskussionen die wesentlichen Gesichtspunkte herauszuarbeiten.

Er brachte sich in der Ökumene und im interreligiösen Dialog ein, war Mitglied in zahlreichen Fachgremien, aber auch bei den Lehrgesprächen zur Leuenberger Kirchengemeinschaft, in der Theologischen Konferenz der Meissen Kommission mit den Anglikanern (Church of England) und in der Kammer für Theologie der EKD.

Veröffentlicht hat er ein breites Spektrum von Studien zur Dogmatik und Ethik, zur Gotteslehre, Christologie und Anthropologie, zu Glaube und Leben, Kirche und Gesellschaft, Pluralismus und Toleranz aus der Sicht des Christentums, aber auch von Bildung und Kultur, über Theologisches bei Thomas Mann und zuletzt zu Bach unter den Theologen.

Er besaß die seltene Fähigkeit der freien Rede, in einem Vortrag anhand einer knappen Thesenreihe selbst komplizierte Sachverhalte druckreif und allgemeinverständlich zu entfalten. Ihm ging es darum, theologische Grundeinsichten einem breiteren Publikum nahezubringen, z.B. mit der Tübinger Ringvorlesung „Luther heute“. Er war ein gewinnender Lehrer, der auch durch seinen großen Schülerkreis weiter ausstrahlen wird. Er verstand seine theologische Arbeit als Dienst an der Verkündigungsaufgabe der Kirche und war ein leidenschaftlicher Frühprediger an der Tübinger Stiftskirche.

Charakteristisch war seine Offenheit und Zugewandtheit, in der er Menschen auf Augenhöhe begegnete, Kollegen ebenso wie Studierenden, aber auch Gemeindegliedern oder Tauffamilien. So begeistert er in aller Arbeit aufging, hatte er doch eine große Freude am Leben, pflegte Freundschaften und rauchte Pfeife, konnte genießen und mit feinem Humor herzhaft lachen.

Nach seiner Emeritierung in Tübingen zog er 2018 nach St. Andrews in Schottland, um an der dortigen Universität zu lehren und die seit langem geplante Dogmatik zu schreiben. Für Theologie und Kirche ist sein früher Tod ein herber Verlust. In Gedanken sind wir bei seiner Witwe und seiner Familie.

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Foto: Evangelische Landeskirche in Württemberg

Ulrich Heckel

Dr. Ulrich Heckel ist Oberkirchenrat und Leiter des Dezernats Theologie, Gemeinde und weltweite Kirche der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Außerdem ist er außerplanmäßiger Professor für Neues Testament an der Universität Tübingen.


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