Aktuelles Votum

Was macht eigentlich ... Gott?

Am 24. Februar entbrennt der Krieg gegen die Ukraine. „In einer anderen Welt sind wir heute aufgewacht“, sagt die Außenministerin. In den Nachrichten wird unter ferner liefen vermeldet, dass auch an diesem Tag wieder landesweit über zweihundert Corona-Infizierte gestorben sind.

In diesem düsteren Horizont stellen Christinnen und Christen erneut die Frage nach dem Handeln Gottes.

Da gibt uns aktuell ein wissenschaftliches Gremium, nämlich der „Theologische Ausschuss der Union Evangelischer Kirchen in der EKD“ (UEK), ein siebzigseitiges „Votum“ an die Hand: Das Handeln Gottes in der Erfahrung des Glaubens. Es will – so Kirchenpräsident Christian Schad – „jene aufrichtende und Zuversicht spendende Kraft entfalten“, indem es mit den zusätzlich herausgegebenen zwölf Fachvorträgen auf über dreihundert Seiten „unser Herz berühren“ möge. Denn es gebe „nur wenige Orte in unserer Kirche, an denen so präzise und fächerübergreifend theologisch nachgedacht und das Wort genommen“ werde. Dieser UEK-Ort bestand aus vierzig Mitarbeitenden, darunter sieben Frauen. Nur vier von allen Verfassenden des Votums waren nicht promoviert.

Zunächst wolle man das Problem erfassen, heißt es: „Welches Verständnis vom Handeln ist der Wirklichkeit Gottes angemessen? Das ist die entscheidende Frage.“

Es folgt ein Durchschreiten der „alttestamentlichen und neutestamentlichen Überlieferungen“ mit dem Befund: „Gottes Handeln umgreift Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es ist ein beständiges Schaffen, denn Gott bewahrt die Beziehung zu seiner Schöpfung.“ Wird Gottes Handeln durch unsere Gebete beeinflusst? Die Antwort des Ausschusses bezieht sich vor allem auf „das erwartete, erbetene Handeln Gottes in den Fürbitten, die grundsätzlich alle Bereiche der menschlichen Lebenswirklichkeit einbeziehen, also für individuelle wie soziale Anliegen, leibliche wie seelische Nöte, kirchliche und politische Entwicklungen von Gott Leitung und Begleitung, Segen, Heilung, Rettung, Trost, Versöhnung erbitten.“ Allerdings: „Gottes Handeln ist selbst keiner empirischen Beweisführung zugänglich, aber dennoch wirklich.“

Was nun? Sind Corona und der Ukraine-Krieg Gottesgeißeln oder „nur“ Irr-Sinn der Menschen? Oder beides?

Hinsichtlich hilfloser Antwortversuche warnen die vierzig Theologinnen und Theologen vor kurzschlüssigen Ergebnissen: „Selbstverständlich ist Gott kein überdimensioniertes Handlungssubjekt, das nach Maßgabe bestimmter Handlungsabsichten durch Betätigung bestimmter Handlungsorgane in der Abfolge bestimmter Handlungsschritte durch Einwirkung auf bestimmte Handlungsgegenstände bestimmte Handlungsziele zu erreichen sucht. Gott wäre so in die Strukturlogik menschlichen Handelns eingespannt und damit zu einem bloß innerweltlichen Akteur verendlicht.“ Ein Merksatz: „Die Rede vom Handeln Gottes stellt nicht etwas fest, sondern etwas her.“

Was wollen wir nun hierzu sagen?

Im Ernst: Auf den Seiten 64 und 65 des Votums findet sich eine Elementarisierung der „Hoffnung auf Gottes sich durchsetzendes Handeln“ im Kommen des Christus zu Gottes neuer Welt und zu seinem gnädigen Gericht: „Im Gericht wird das Böse der Vergessenheit überantwortet. Was einzig bleiben und sich ungehindert entfalten wird, ist die Liebe.“ Solche heilsamen Sätze lassen sich im Votum immer wieder finden. Etliche elementare Aussagen und Abschnitte gibt es. Wer suchet, der findet. Darum lohnt die Lektüre. Hätte man sich doch nur und ganz und gar an diese tröstlichen Knappheiten gehalten!

Ist das Votum aktuell? Zur Corona-Pest lässt sich ein Satz finden: „Die Freude am Erwachen des Frühlings wird durch eine allgegenwärtige Pandemie von der Angst überlagert.“ In der Einführung zum Votum allerdings möchte der Ausschussvorsitzende Michael Beintker (Münster) das ganze Votum als „Handreichung für den Umgang mit der Corona-Krise“ verstehen. „Was macht eigentlich .... Gott?“ Seit dem 24. Februar ist es einmal mehr bitter, wenn es heißt: „Der allmächtige Gott hat ein Recht auf Passivität.“

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