Romantisch frisch

Fritz Brun – eine Entdeckung

Nichts ist so schön, wie wirklich etwas Neues zu hören. In diesem Falle etwas Neues, das sich auf Altbekanntes bezieht, sicher, aber das doch eine kleine neue Welt eröffnet. Dieses Gefühl beschleicht den Schreiber dieser Zeilen, als er erst einmal, dann öfter und schließlich immer öfter die beiden Werke dieser CD hört, nämlich die Sonate für Violine und Klavier Nr. 1 in d-Moll und das Streichquartett Es-Dur – Letzteres eine Weltersteinspielung – von Fritz Brun.

Fritz, wer? Na, Fritz Brun, jener Schweizer Komponist und Kapellmeister, über den in der Neuen Musik Zeitung 1960, wenige Monate nachdem Brun 81-jährig verstorben war, zu lesen war, er sei zeitlebens „seiner Zeit treu geblieben“, das heißt, prinzipiell dem hochromantischen Idiom seiner Zeit stets verbunden. Eine totale Wende, wie sie Arnold Schönberg nach dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts hinlegte, war bei Fritz Brun nicht drin. Nein, Brun wurde 1909, mit Ende Zwanzig, Musikdirektor der Bernischen Musikgesellschaft und war während seiner über dreißigjährigen Amtszeit als dirigierender Komponist unterwegs, so wie der natürlich schon damals ungleich berühmtere Wilhelm Furtwängler.

Brun schuf zehn Sinfonien, aber eben auch Kammermusik. Und die kommt in einem so erlesenen Personalstil daher, dass man sie wieder und wieder hören will. Frisch, aber keineswegs oberflächlich beginnt das Es-Dur-Quartett, kontrolliert gipfelstürmend, könnte man es nennen. Nach kraftvollen Aufschwüngen immer wieder feine verschlungene Linien, harmonisch erstaunlich klar für Spätromantik, ahnt man die frische Bergluft des Berner Oberlands? Aber im Ernst: Wüsste man nicht, dass dies eben jener Fritz Brun komponiert hat, dann würde man sich marternd fragen: „Wer ist das bloß?“ Es klingt ein bisschen wie … aber nein, doch nicht. Ja, über kurze Strecken scheint es im besten Sinne auch konventionell, um aber immer wieder kunstvoll auszubrechen. Hören Sie es sich halt einfach an, besonders auch die hinreißende Klaviersonate. Da ist es ab dem ersten Ton um einen geschehen, und der Eingang des zweiten Satzes („Langsam und sehnsüchtig“) versetzt einen schnurstracks in eine andere Welt. Herrlich, aber nie verschwimmend, sondern im Hintergrund immer kraftvoll-klar.

Dass dies alles so schön daherkommt, liegt auch am hinreißenden Geigenton von Peter Meier und seinem kongenialen Klavierpartner Alexander Ruef und ihrer beider überlegt-überlegenen Gestaltung. Überdies ist diese CD technisch hervorragend aufgenommen. Insofern ein absolutes Qualitätsprodukt der Firma Prospero, das man übrigens auch ob des wunderbaren Essays Peter Meiers über den lange vergessenen Fritz Brun im Booklet „in echt“ erwerben und die Musik nicht nur via Streamingdienst konsumieren sollte. Bitte mehr davon!

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