Klanggeschmeide

Neues von Singer Pur

Insbesondere für Renaissance-Affine ist das Vokalensemble Singer Pur eine urvertraute, sich immer neu öffnende Schatztruhe. Obgleich Markus Zapp alleiniges Ur-Singer Pur-Mitglied ist, hat die Beheimatung an der stetig befeuerten Klangschmiede Regensburg kontinuierlich für eine Konstanz in dem 1992 geschmeidig geformten Klangideal des Ensembles und aben alle Wechsel gleichzeitig für immer mehr individuelle Farbigkeit und Reife gesorgt. Der stetig runde und weiche, in Momenten am ehesten Holzblasinstrumente assoziierende und äußerst dicht verwobene Klang aus einer Frauen- und fünf Männerstimmen stiftet einen universell sphärischen Raum von transzendenter Schönheit.

Diese flügelleicht schwebende Kraft offenbart sich in der heuer unter dem Titel „MUSICA DIVINA“ veröffentlichten CD erneut in seelenbefriedender Schönheit. Dabei öffnet Singer Pur Regensburger Bibliotheks-Pforten, durch die das Ensemble regelmäßig zu Kleinoden besonderer Leuchtkraft vordringt. Dieses Mal ist es die „Musica Divina“ – die göttliche Vokalmusik, die der aus Schlesien stammende und schließlich hauptsächlich in Regensburg wirkende Priester und Arzt, vor allem aber auch Sammler und Herausgeber kirchenmusikalischer Werke Carl Proske (1794 – 1861) in der Bischöflichen Zen­tralbibliothek Regensburg hinterlassen hat. Dazu zählen kluge Aufkäufe von Sammlungen aus dem 16./17. Jahrhundert aus dem süddeutschen und österreichischen Raum sowie etliche Stimmbücher des lutherischen Humanisten und Musikers Johannes Stomius (1502 – 1562), die Proske zu einem Wegbereiter der Wiederentdeckung der Renaissance im 19. Jahrhundert machten. Aus dieser Sammlung des Carl Proske stammt, was Singer Pur auf dieser CD bestens zum Besten gibt.

Dazu gehören bekannte, intim aufblühende Motetten der Großmeister der Zeit wie Ludwig Senfls „Medita vita à 6“, Josquin Desprez’ „Haec dicit Dominus“ oder Giovanni Palestrinas „Quae est ista“ aus dem langjährig gepflegten Repertoire des Ensembles, denen es ungeheuer gut tut, neu musiziert zu werden. Dazu zählen aber auch Kostbarkeiten, die zu Unrecht weit weniger bekannt sind und hier mit dem ihnen innewohnenden Leuchten und darin wurzelnden Gottestrost präsentiert werden – etwa die Motetten des Regensburger Kantors Andreas Raselius (um 1562 – 1602) und die deutschsprachige Motette „Die Toren sprechen“ Gregor Wageners aus dessen Sammlung acht deutscher Psalmen von 1565. Berückend schön sind das im Glockenklang sphärisch rein pulsende, anonyme „Gaudete psallentes“ und Jakob Gallus’ bekanntes „Ecce quomodo moritur justus“. Selten habe ich ein Ensemble so vollkommen eins und auratisch in dem Gewebe aus Werk, Intention und stimmlicher Umsetzung wahrgenommen. Für diese Musik hat sich Singer Pur einst gegründet. Und nicht umsonst kehrt das Ensemble immer wieder hierher zurück.

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