Dialog

Gender im Disput

Jantine Nierop/ Ellen Radtke: Gender im Disput.
creo-media, Hannover 2018,
280 Seiten, Euro 5,–.

Gender ist eine aktuelle Thematik, die nicht nur die Gesellschaft und Politik, sondern auch Kirche und Theologie beschäftigt und sogar spalten kann. Die Herausgeberinnen Jantine Nierop und Ellen Radtke haben versucht, in dem Buch Gender im Disput einen Einblick in die „Breite der bisher geführten Diskussion“ abzubilden. Hierfür haben sie Autor*innen herangezogen, welche verschiedene Standpunkte zum Thema „Gender“ vertreten und nicht nur in der ekd, sondern beispielsweise auch in der römisch-katholischen und einer Freikirche verortet sind.
Die Intention ist es, die Leserschaft anzuregen, begonnene Gespräche weiterzuführen und/oder verschiedenen Parteien eine Grundlage zu bieten, möglicherweise „verhärtete Fronten“ aufzubrechen.

Die Besonderheit dieses Buchs besteht in seiner Dialogform. Je zwei Autor*innen stellen sich zuerst der Beantwortung einer Fragestellung, und danach kritisieren sie den Artikel der jeweilig anderen Person. Die insgesamt acht verschiedenen Themen haben sowohl einen theologischen als auch praktisch orientierten Gegenstand, welcher zur Debatte steht.

Auf Folgendes wurde in dem Buch eingegangen: zu Beginn, welche Auswirkungen eine gendersensible Betrachtung von Bibeltexten (Hermeneutik) auf die kirchliche Praxis haben. Des Weiteren, die Bedeutung der Schlüsselstelle Galater 3,28 für geschlechtergerechte Sprache, als Drittes folgt die Frage nach dem Nutzen einer Auseinandersetzung mit „Gender“ für eine freiheitlich-christliche Anthropologie. Danach wird auf die Rolle des Geschlechts bei gottesdienstlichen Vollzügen eingegangen und passend dazu die möglichen Perspektiven der Genderfrage für die Predigtlehre entfaltet. Der vierte Punkt befasst sich mit der Bedeutung für die Seelsorge (Poimenik). Daraufhin werden biblisch-theologische Argumente für und gegen unterschiedliche Familienbilder beleuchtet und zuletzt die Verwendung einer Strategie des Gender Mainstreaming behandelt.

Als Beispiel der Dialogform soll nun die Frage der Anthropologie herausgegriffen werden. Gerhard Schreiber formuliert „‚Ein Gotteskind braucht kein Geschlecht‘, könnte die unmittelbare Antwort auf die gestellte Frage lauten“. Er unterstützt dies unter anderem biblisch mit der Gottesebenbildlichkeit und der Aufhebung von Geschlechtern in Bezug auf die Hoffnung der Vollendung von Gottes Schöpfung (Eschaton). Das bedeutet allerdings nicht, dass Schreiber sich gegen das biologische Geschlecht positioniert, sondern darauf hinweisen möchte, dass eine „Annahme der Zweigeschlechtlichkeit und der damit einhergehende Dualismus von Mann und Frau“ heutzutage theologisch überdacht und infrage gestellt werden muss.

Alexander Dietz versucht in seiner Replik, die Thesen Schreibers nachzuvollziehen und zu kritisieren. Einerseits stimmt Dietz seinem Kollegen zu, andererseits kritisiert er ihn zum Beispiel in dem Aspekt der Ebenbildlichkeit. Diese ist, seiner Meinung nach, auch ein Argument für die Zweigeschlechtlichkeit, das in die Diskussion eingebracht werden kann. Er führt aus, dass eben dies eine Möglichkeit bietet, „den redlichen Umgang mit unterschiedlichen theologischen Positionen einzuüben“.

Es lässt sich sagen, dass die Autor*innen es weitest gehend geschafft haben, die ihnen gestellte Frage zu beantworten. Man sollte sich von anfänglichen Schwierigkeiten des Verständnisses nicht abschrecken lassen, obwohl ein gewisses Maß an Vorkenntnissen betreffend theologische Fachtermini und den Grundzügen der Genderdebatte zu empfehlen ist. Gender im Disput ist ein faszinierendes Buch, das die Lesenden dazu anregt, eigne Positionen zu überdenken, aber auch Überzeugungen zu verfestigen.

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