Mozartinisch heiter

Mozartinisch heiter

Wer dem Mai leichtfüßig begegnen möchte, glaubt womöglich mit Kästner, bis zu Mozart blättern zu müssen – aber Heißa: Schon bei B wie Bach gehen Herz und Sinne in unbeschwerter Heiterkeit auf, wenn man die Neueinspielung der Brandenburgischen Konzerte von der Akademie für Alte Musik Berlin (kurz: Akamus) hört. Wie doch die reife Garde jung bleibt im Herzen und in den Fingern – und wie sie ihr Stammrepertoire nicht als genügsame Bank, sondern als Spazierstock zu steter Beweglichkeit nutzt und so die Vertrautheit mit den Dingen keine Langeweile, sondern immerfort einen neuen Umgang gebiert.

Im Vergleich zur 1998er-Ersteinspielung wird an dieser Aufnahme offenkundig, wie sich Interpretation und Herangehensweise durch die zwischenzeitliche Erfahrung mit anderer Musik wandeln und die über die Jahre gewachsene Bindung an das Stück eine tiefe Vertrautheit stiftet. Die wächst wie in der Ehe nur durch stete Achtung vor dem scheinbar Altbekannten, nicht nachlassende Neugierde und Offenheit für immer neue Begegnungen. Auf dieser Basis schafft die Akamus in ihrer virtuosen Grundhaltung eine beglückende Verbindung von Bachscher Klarheit mit nachgerade Mozartinischer Eloquenz.

Wie auf immer jungen Freiersfüßen fliegt das Ensemble federleicht, in atemberaubendem und doch gänzlich unangestrengtem Tempo durch die Konzerte und schafft wie von Zauberhand schraffiert eine blühende Gartenlandschaft, aus der immer wieder Einzelnes faszinierend vollkommen hervorsticht: Erwin Wieringas und Miroslav Rovenskýs wie junge Fohlen galoppierende Hörner, Rupprecht Drees’ bei höchsten Schwierigkeitsgraden geschmeidig strahlende Trompete, Xenia Löfflers aphroditisch aufleuchtende Oboe, die brillant geführten Violinen-Degen Georg Kallweits und Bernhard Forcks im Wechsel der einzelnen Konzerte und natürlich Raphael Alpermann, Lord of the Lords des Cembalos, in seiner charaktervollen Voltaire-Kadenz in Konzert No. 5.

Schließlich haben die Aka-Musen noch zwei Mit-Musen eingeladen, die das ihre in anmutiger Eleganz einbringen und sich nahtlos in die himmlische Gemeinschaft einfügen: die Geigerin Isabelle Faust und den Bratschisten Antoine Tamestit. Während Isabelle Faust im Konzert No. 3 mit luzider Energie die prima inter pares im Trio der Begnadeten mit den beiden Akamus-Konzertmeistern Georg Kallweit und Bernhard Forck gibt, gelingt ihr im Konzert No. 4, in dem Christoph Huntgeburth und Xenia Löffler die perlenden Flötenduette im Allegro wie tollende Putti auf einer geneigten Obstwiese geben, eine Stimmführung, die dem Flug eines verliebten Vogels gleicht: mit berauschenden Kaskaden, die nur ein über die Maße vom Leben und Lieben eingenommenes Gefühl ermöglicht, und einem unbändig klaren Willen zum Ganzen – auch in der zarten Zurücknahme im Andante. Komm, lieber Mai, und mache … die Akamus hat goldübersonnt schön vorgelegt.

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