Heftiger Streit ist nötig

Der Synodale Weg zeigt die Zukunft der Kirche
Foto: Rolf Zöllner

Es ist ein enormer Kampf (oder kirchlich formuliert: Ringen), der seit ein paar Jahren in der römisch-katholischen Kirche Deutschlands tobt, spätestens seit Veröffentlichung der „MHG-Studie“ 2018 zum über Jahrzehnte andauernden Missbrauch in ihren Reihen. Der Skandal um tausende Fälle sexualisierter Gewalt und ihre fast routinemäßige Vertuschung hat gezeigt, wie marode die Strukturen der Kirche Roms nicht nur hier in Deutschland sind. Zu erleben ist in Folge dieses himmelschreienden Unrechts ein riesiger Streit, den manche sogar mit einem Umbruch wie dem der Reformation vor rund 500 Jahren vergleichen: Nichts ist nachher mehr so wie vorher. Und das gilt, auch wenn einige (meist Konservative) meinen, so weitermachen zu können wie bisher.

So etwas wie die letzte Chance einer gemeinsamen Umkehr und konsensualen Gestaltung des Wandels ist deshalb der Diskussionsprozess Synodaler Weg, bei dem sich Geistliche und „Laien“ seit gut zweieinhalb Jahren auf öffentlichen „Synodalversammlungen“, vor allem aber in internen Arbeitsgruppen zwischen diesen Großtreffen über Texte beugen und mögliche Reformen ausloten. Der Synodale Weg in Deutschland ist ein großes Experiment, dessen Ausgang und Wirkung nach wie vor völlig unklar sind.

Nun findet die Vierte Synodalversammlung des Synodalen Weges vom 8. bis 10. September in Frankfurt am Main statt. Texte in Zweiter Lesung liegen zur Beratung vor. Daraus können – per doppelter Zweidrittelmehrheit der Synodalen insgesamt wie der Bischöfe als Teilgruppe – Beschlüsse des Synodalen Weges werden. Besonders brisant wird bei der anstehenden vorletzten Synodalversammlung die Frage, ob es die erforderlichen Zweidrittelmehrheiten für die Einrichtung eines Synodalen Rates geben wird.

Dieser Rat würde mit der Bischofskonferenz in Zukunft die katholische Kirche in Deutschland gemeinsam leiten. Es wäre ein Schritt zu mehr Macht des Kirchenvolks hierzulande, mehr Synodalität, kirchlich gesprochen – wobei die Autonomie der einzelnen Bischöfe in ihren Bistümern de facto kaum eingeschränkt wird, wenn sie nicht bereit sind, freiwillig auf Macht zu verzichten (auch die Bischofskonferenz kann den Bischöfen übrigens kaum reinreden). Das ist ein böser Haken bei der Sache.

Andere große Fragen – vor allem Schritte in Richtung Frauenordination oder eine Lockerung des Zwangszölibats für Priester – sind nur auf weltkirchlicher Ebene zu klären. Mehr als Appelle an Papst und Weltkirche wird es deshalb vom deutschen Synodalen Weg dazu nicht geben.

Dennoch wäre es falsch, den Synodalen Weg als Schwatzbude oder Laien-Vertröstungs-Veranstaltung abzutun. Was in Frankfurt verhandelt wird, wird die Zukunft der Kirche bestimmen. Gleichgültig, zu welchen Beschlüssen und Appellen es beim Synodalen Weg am Ende kommen wird: Der Reformprozess wird noch viele Jahre dauern, ebenso wie die nötige Aufarbeitung des Skandals um Sexualisierte Gewalt in der Kirche. Was über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte katastrophal schieflief, lässt sich nicht innerhalb weniger Jahre korrigieren. Insofern ist von allen Beteiligten und Beobachtern Geduld gefragt. Und was am Ende dann von der katholischen Kirche in Deutschland übrig ist, weiß nur Gott allein. 

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