„Das ist für mich Diktatur“

Gespräch mit der Geschlechterforscherin Monika Barz über ihre Prägung in der Frauen- und Lesben­bewegung, warum die Transfrage die Bewegung spaltet und das neue Selbstbestimmungsgesetz
Eine Demonstration der westdeutschen Frauenbewegung gegen den Paragrafen 218 Ende Februar 1989 in Memmingen
Foto: akg
Eine Demonstration der westdeutschen Frauenbewegung gegen den Paragrafen 218 Ende Februar 1989 in Memmingen.

zeitzeichen: Frau Professorin Barz, seit wann sind Sie in der Frauenbewegung aktiv?

MONIKA BARZ:  Seit meinem 18. Lebens­jahr: 1972 habe ich Abitur gemacht. Ich bin zum Studium nach Karls­ruhe gegangen, Ort des Bundesverfassungsgerichts. Da ging es frauenpolitisch mit mir los. Es war der Ort der heißen Debatten um den Paragrafen 218. Ich lebte damals noch in einer Männerbeziehung, in einer sehr guten übrigens. Mit dem Aufbruch der Frauenbewegung bin ich frauenpolitisch aktiv geworden.

Wann haben Sie sich als lesbisch geoutet? War das schwer für Sie?

MONIKA BARZ:  Das war Anfang der 1980er-Jahre. Ich bewegte mich ja innerhalb der Frauenbewegung, da erlebte ich erstmalig Lesben. Das half. Das war anders für lesbische Frauen im evangelisch-kirchlichen Milieu, mit denen ich im Kontakt stand. Die taten sich schwer. Es war in ihrem Umfeld „Sünde“: Da machst du etwas, was angeblich zwischen dir und Gott steht. Verglichen mit denen hatte ich es easy.

Ursprünglich waren Sie katholisch.

MONIKA BARZ:  Ja, ich bin mit 21 aus der katholischen Kirche ausgetreten. Ihr Umgang mit dem Paragrafen 218 hat mich als junge Frau empört und ermächtigt wahrzunehmen, welches Unrecht da geschieht. Dann habe ich einige Jahre ohne kirchlichen Bezug gelebt. Später habe ich in der evangelischen Kirche die feministische Theologie wahrgenommen, die mir sehr guttat. Ich empfand die evangelische Kirche damals schon viel weiter. Wir lesbischen Frauen erlebten Solidarität durch heterosexuelle Frauen aus der kirchlichen Frauenbewegung, das war fantastisch.

Nach all diesen Jahren in der neuen Frauenbewegung nach 1945: Hätten Sie gedacht, dass die Trans*Frage die feministische Bewegung so spalten könnte?

MONIKA BARZ:  Nie und nimmer! Deshalb bin ich noch einmal aktiv geworden. Ich bin 2016 in Rente gegangen und habe gedacht, ok, jetzt engagiere ich mich nur noch für das Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg, ich war ja mittendrin in der LGBTQI+-Bewegung. Die spätere Spaltung hat mich voll überrascht und tut auch entsprechend weh.

Wurden Sie schon einmal als TERF diffamiert, also als „Trans-ausschließende Radikalfeministin“ (von: Trans-Exclusionary Radical Feminism)?

MONIKA BARZ:  Na, selbstverständlich. Ich wurde selbst mit Alice Weidel in eine Reihe gestellt. Aber wer so dumm ist, entlarvt sich selber.

Können Sie das erklären, woher kommt diese Heftigkeit oder dieser Hass auf Frauen wie Sie?

MONIKA BARZ:  Es gibt Persönlichkeiten, die als Transpersonen einen schweren Weg hinter sich haben. Das akzeptiere ich. Ich glaube, ein Mann, der sich als Frau fühlt, ist davon abhängig, dass die Menschen um ihn herum ihn ständig bestätigen. Denn diese ganze Verunsicherung in sich selbst muss ja irgendeine Lösung finden. Und die Lösung finden diese Personen darin, dass sie immer die Bestätigung von außen brauchen.

Das ist nun ziemlich psychologisierend.

MONIKA BARZ:  Ja, das ist ja nur die Seite der Betroffenen. Politisch relevanter ist diese Mitläuferkultur drum herum, die ist für mich viel entscheidender. Die­jenigen, die am Rande stehen und klatschen. Die Transbewegung hat diese Kraft entfaltet, weil sie das patriarchale System an sich nicht in Frage stellt.

Das müssen Sie erklären.

MONIKA BARZ:  Die Transbewegung stellt nicht die Geschlechtsrolle von Frauen und Männern in der Gesellschaft in Frage, sondern den eigenen Körper. Und die Geschlechtsrolle ist ja genau das, was für uns Frauen seit Jahrhunderten eigentlich das politische Problem ist. Wir haben ja kein Problem mit unserem Körper, sondern mit dem, was man aufgrund unserer körperlichen Beschaffenheit uns zuschreibt, von uns erwartet, uns verbietet, mit uns macht und so
weiter. Die Transbewegung ist eine Bewegung, die absolut strom­linienförmig das Patriarchat zementiert.

Sie meinen, die gesellschaftliche Frauen­rolle werde gestärkt, indem sich die Transfrauen genauso verhalten, wie eine patriarchale Gesellschaft erwartet, dass sich eine Frau verhalten sollte?

MONIKA BARZ:  Ja, der Transaktivismus zementiert die gesellschaftlichen Vorstellungen von Männern und Frauen. Anstatt das Geschlechts­rollenspektrum zu öffnen und zu sagen: Natürlich darf auch ein Mann einen Rock anziehen oder eine Perücke tragen! Warum nicht? Darf er. Der Transaktivismus stellt ja gar nichts in Frage, weder die Hetero­sexualität noch die Rollenzuschreibungen. Er ist systemkonform. Deshalb wehrt sich das Patriarchat auch nicht dagegen.

Aber Transpersonen betonen doch, es sei eben ihre Identität, eigentlich dem anderen Geschlecht zuzugehören. Das ist tief gegründet in dem, wie man sich selber versteht.

MONIKA BARZ:  Wie verstehen Sie sich selbst? Haben Sie eine Identität als Mann?

Wahrscheinlich schon.

MONIKA BARZ:  Woran macht sich das fest? An dem, was Sie anziehen? Ich weiß es nicht, wie ich mich als Frau fühle. Ich bin Monika, ich habe einen weiblichen Körper, der hat bestimmte Auswirkungen auf mein Leben. Und diese Auswirkungen auf mein Leben, die finde ich in einer patriarchalen Gesellschaft unerträglich.

Aber würden Sie nicht sagen, es gehört zu Ihrer Identität, dass Sie eine Frau sind?

MONIKA BARZ:  Als Frau habe ich mich in 70 Jahren nie gefragt, ob und wie ich mich als Frau fühle. Ich weiß, dass mir als Frau bestimmte Aufgaben in dieser Gesellschaft zugeschrieben werden. Die sind das Problem. Wir sind alle erst einmal Menschen. Mich stört im Zusammenhang mit Identitäten, dass es nicht einmal eine gesellschaftliche Debatte zum Thema geben soll. Bundesfamilienministerin Lisa Paus hat bei einer Pressekonferenz vergangenes Jahr gesagt: Transfrauen sind Frauen. Punkt. Keine Debatte. Das ist für mich Diktatur.

Das ist jetzt ein überaus scharfes Wort. Frau Paus kann doch als Ministerin diese politisch-gesellschaftliche Wertung abgeben. Das hat doch mit Diktatur nichts zu tun.

MONIKA BARZ:  Nein, Diktatur ist, wenn Frau Paus daraus ein Gesetz macht. Natürlich, sie kann das ja selber so sehen, aber daraus für alle ein Gesetz zu machen, ist für mich ziemlich heftig. Das verstößt für mich gegen die Glaubensfreiheit. So will ich das hier im religiösen Umfeld nennen. Allein für sich darf Frau Paus „Transfrau ist Frau“ natürlich glauben.

Aber mit „religiös“ hat das doch auch nichts zu tun.

MONIKA BARZ:  Glaubensfreiheit heißt doch, geschützt ist die Vorstellung, die ich von der Welt habe und von dem, was mir wichtig ist in der Welt. Da stehe ich voll dahinter. Glaubensfreiheit ist für mich ganz eng mit Meinungsfreiheit verbunden. Nur dass es halt nicht nur die sichtbaren Dinge umfasst. Da fängt für mich Glauben an, dass ich zu dem, was nicht sichtbar ist, eine Haltung einnehme. Das ist ein absoluter Wert unserer Gesellschaft, dass Meinung und Glaubensfreiheit geschützt sind. Und das gilt auch, wenn es den Fakten widerspricht, dann hat er oder sie das Recht dazu. Wir sehen Gott nicht, aber wir dürfen an ihn glauben, warum nicht?

Nun ist ein Argument der Befürworter des Selbstbestimmungsgesetzes, dass es hier nur um einen Eintrag beim Standesamt geht. Ist das nicht richtig:viel Lärm um Nichts?

MONIKA BARZ:  Das kann man sagen, wenn man ein Mann ist. Das kann ich nicht sagen, wenn ich Frau bin. Denn es macht für mich einen starken Unterschied, ob ich beispielsweise im Sport gegen einen männlichen Körper antrete oder nicht. Und wenn der Staat diese Selbstaussage legitimiert, dann habe ich als Frau ein Problem damit.

Aber das ist doch erst der zweite Schritt. Der erste Schritt ist die Anerkennung beim Standesamt. Was dann in den einzelnen gesellschaftlichen Bereichen damit passiert, zum Beispiel, wie Sportverbände damit umgehen, das ist erst davon nur abgeleitet. Da können zum Beispiel die Sportverbände immer noch sagen: Wer durch eine männliche Pubertät gegangen ist, darf nicht bei Frauenwettbewerben antreten.

MONIKA BARZ:  Also meine Vorstellung von Politik ist, dass Politik gestaltet – und nicht, dass sie den Problemen aus dem Weg geht. Politik zieht sich mit diesem Selbstbestimmungsgesetz aus der Verantwortung. Die Ampel bedient damit einen Mainstream, sie will zeigen: Es gibt noch etwas, was sie zu dritt gemeinsam können. Sie missbraucht dieses Thema.

Das ist politisch argumentiert. Aber noch mal: Warum soll das für mich so wichtig sein?

MONIKA BARZ:  Sie haben keine Angst, wenn eine Frau in die Männersauna kommt. Was glauben Sie, wie viele Frauen nicht mehr in die Sauna gehen, wenn sie glauben, da könnte jetzt jederzeit ein Mann hineinkommen? Allein die Tatsache, dass zukünftig jeder, der sich diesen Schein geholt hat, in die Sauna kann, verändert für Frauen alles. Selbst wenn Transfrauen nicht kommen. Das wird nicht verstanden. Ich weiß, wenn ich in einen Frauenraum gehe, darf ein Mann hier nicht rein. Wenn der Staat allen Männern das Recht gibt, Frau zu sein, dann habe ich als Frau alle meine Frauenräume verloren. Und zwar egal, ob wirklich jemand kommt oder nicht.

Schutzräume für Frauen gehen verloren?

MONIKA BARZ:  Ja, Ihnen als Mann kann es wirklich egal sein, wenn sich eine Frau in Ihre Toilette verirrt. Das macht Ihnen nichts. Und wissen Sie, warum Transfrauen in Frauentoiletten wollen? Weil sie Angst haben, von Männern angepöbelt zu werden. Das ist Männergewalt gegen Männer. Transfrauen wollen andere Toiletten, und das steht ihnen auch zu. Weil wir Frauen wissen, was Frauengewalt heißt. Wir wissen, dass Männer leichtfertig auf anderen Menschen rumtrampeln, die ihre Rolle nicht erfüllen.

Also wird es in Zukunft Transfrauenhäuser geben müssen?

MONIKA BARZ:  Klar, warum nicht? Wenn Transfrauen auch Gewalt in ihren Beziehungen erfahren, wie Frauen, dann natürlich. Der Staat hat eine Fürsorgepflicht für alle. Das ist doch überhaupt keine Frage.

Das Argument, das Selbstbestimmungs­gesetz sei nur ein bürokratischer Akt, sticht also nicht?

MONIKA BARZ:  Nein, es ist viel mehr als ein juristischer Akt! Es ermächtigt die gesamte Männerwelt, in Frauenschutzräume einzudringen. Das Gesetz verändert damit die Räume von Frauen. Weil sie sich nirgendwo mehr sicher fühlen. Das ist die Arroganz dieses Gesetzes! Da wird nur mit dem Männerblick draufgeschaut, als sei das doch nur ein Stück Papier. Nein, es ist für uns Realität! Eine Frau in der Notsituation im Frauenhaus muss wissen, es gibt einen Ort, da werde ich keinem Mann begegnen. Alles andere ist strukturell unverantwortlich.

Jetzt war ein Argument bei der ersten Lesung im Bundestag, die Frauenhauschefinnen wüssten schon sehr genau, wen sie reinlassen können und wen sie nicht reinlassen.

MONIKA BARZ:  Wer so argumentiert, hat von nichts eine Ahnung. Ich habe selber ein Frauenhaus gegründet. Wir hatten eine ganz klare Hausordnung. Bisher ist es schon ganz normal, dass eine Frau, die alkoholabhängig ist, nicht ins Frauenhaus darf, weil sie andere Frauen damit gefährdet. Es geht immer darum, was benötigen Frauen, die gerade Schutz brauchen.

Aber den Transfrauen geht es doch um Existenzielleres.

MONIKA BARZ:  Ganz konkret: Jetzt kommt da ein Mensch, ein Mann, der sich als Frau fühlt, ins Frauenhaus. Wenn ich dem sage, du kannst hier nicht rein, weil du ein Mann bist, dann bin ich zukünftig im Unrecht, da werde ich durch dieses Gesetz schon kriminalisiert. Ich darf eine behinderte Frau aus dem Frauenhaus ausschließen, weil ich sage, ich suche dir etwas Spezielles. Ich darf eine alkoholkranke Frau ausschließen, weil ich sage, du bist etwas Spezielles. Wenn es nicht endlich Häuser für Transfrauen gibt, sind wir gezwungen, sie aufzunehmen. Das Gesetz geht so an der Praxis vorbei!

Aber der Verband der Frauenhäuser hat ja nicht gegen das Gesetz protestiert, sondern es akzeptiert.

MONIKA BARZ:  Ich kann Ihnen genau die Hintergründe sagen. Erstens ist dieser Verband finanziell vom Bundesfamilien­ministerium abhängig. Zweitens hat er überhaupt keine Rundfrage in den Häusern gemacht. Es gibt Frauenhäuser, die offen gegen das geplante Gesetz opponieren und sagen: Ihr habt uns nie gefragt, was schreibt ihr da für eine Stellungnahme in unserem Namen! Diese Frauenhäuser wehren sich. Die treten auch öffentlich auf. Nur, die werden nicht zur Anhörung geladen.

Das heißt, Ihre Ansicht ist, dass durch das neue Gesetz Schutzräume für Frauen, also etwa Umkleide, Toiletten und Frauenhäuser, ganz rasch verloren gehen.

MONIKA BARZ:  Und nicht nur Schutzräume, richtige Frauenräume gehen verloren. Es geht nicht nur um Schutz, es geht um die Kultur von Frauen.

Wie realistisch ist denn das Gegen­­argument gegen das Selbstbestimmungs­gesetz, da könnte es zukünftig die Möglich­keit geben, dass jemand praktisch jährlich seinen Namen und seine Identität wechselt?

MONIKA BARZ:  Nein. Das halte ich nicht für realistisch. Aber die gesellschaftliche Botschaft ist das Problem: Du darfst dein Geschlecht selbst wählen, das ist eine falsche Botschaft.

Warum ist die falsch?

MONIKA BARZ:  Weil ich mein Geschlecht nicht wählen kann. Ich zitiere ja gern den Soziologen Hartmut Rosa. Unsere Menschheit hat vergessen zu lernen, was Unverfügbares ist. Er hat den Begriff des Unverfügbaren geprägt. Das finde ich ein unglaublich hilfreiches Wort. Ob ich das Biologie nenne oder Physik oder Natur – es gibt Unverfügbares.

Dazu gehört Ihrer Meinung nach das biologische Geschlecht?

MONIKA BARZ:  Ja, eindeutig. Natürlich. Es gibt Menschen, die haben potenziell die Möglichkeit, Kinder zu gebären, und es gibt welche, die haben sie nicht. Das ist eigentlich gar kein Problem. Die Gesellschaft macht ein Problem daraus. Das Patriarchat ist daraus entstanden, dass die einen etwas können, was die anderen nicht können.

Das Patriarchat ist die Rache der Männer dafür, dass sie nicht gebären können?

MONIKA BARZ:  Das würde ich jetzt nicht psychologisieren. Es geht um Kontrolle der Reproduktion. Das Patriarchat ist entstanden, weil die Hälfte der Menschheit etwas kann, was die andere nicht kann, und weil die andere Hälfte die Kontrolle darüber nicht mehr hat. Da muss man sich verständigen, und wenn dann die eine Hälfte auch die ist, die biologisch-körperlich größer ist, dann gibt es ganz viele falsche Entwicklungen. Wenn ich etwa deshalb nicht zur Schule darf, weil ich andere Dinge tun soll mit meinen kleinen feinen Händen. Das sind alles Fehlentwicklungen. Das ist keine Rache, das hat sich so verselbstständigt.

Wenn man sich die erste Lesung im Bundes­tag angehört hat, konnte man heraushören, dass es vielleicht doch bei den verpflichtenden Beratungen für Jugendliche, die einen Transitionswunsch haben, bleiben könnte. Glauben Sie, dass das Gesetz am Ende so abgeschwächt wird?

MONIKA BARZ:  Ja, aber damit ist das Problem nicht in Gänze gelöst. Das Gesamtproblem dieses Gesetzes ist, dass es eine postmoderne Idee in die Welt bringt, der Mensch gestalte alles, in dem Fall auch das Geschlecht. Das ist eine gefährliche Botschaft in die Gesellschaft. Das werden wir in hundert Jahren auch so sehen. Aber jetzt noch nicht. Jetzt ist es einfach: Der Mensch macht, der Mensch tut. Und was der Mensch macht, ist gut.

Eine Kritik an dem Gesetz ist, dass am Ende vor allem Jugendliche betroffen sein werden, weil bei ihnen ja die Pubertätsblocker und Hormongaben ganz früh eingesetzt werden können. Stimmen Sie dem zu?

MONIKA BARZ:  Das ist der große Medizinskandal, der auf uns zukommt. Ja, Jugendliche sind in ihrer körperlichen Gesundheit gefährdet. Wir müssen verstehen, warum diese so freudig mitmachen. Es geht dabei um das Gefühl der Selbstwirksamkeit für Jugendliche. Das ist etwas, was ihnen abhandenkommt in unserer hochkomplexen, globalisierten, körperlosen Internet-Welt. Aber mit diesem Gesetz, so wird dir vorgegaukelt, kannst du wenigstens über deinen Körper ganz allein bestimmen. Ein Ersatz für fehlende Einflussmöglichkeiten auf die großen Probleme unserer Zeit.

Jetzt gibt es, so liest man, in manchen Staaten, die in Sachen Transition bisher, sagen wir: liberaler waren, zum Beispiel Großbritannien, eine Art Gegenbewegung. Das heißt, manche Regelungen für eine rasche Transition bei Jugendlichen würden dort wieder zurückgeschraubt. Sehen Sie diese Gegenbewegung auch?

MONIKA BARZ:  Zum Glück. Aber das gilt noch nicht für Deutschland. Das meine ich mit „ideologisch“: Die Koalition bleibt in ihrem identitätspolitisch fixierten Weltverständnis und blendet die Folgen für die Gesamtbevölkerung aus. Und was mich wirklich zutiefst beschäftigt, verärgert, verunsichert im Sinne meines Glaubens an die Vernunft, ist, dass ich sehe, wie innerhalb demokratischer Parteien Debatten abgewürgt werden. Da werden Kritikerinnen und Kritiker des Gesetzes als Neonazis diffamiert. Debatte abgekürzt! Das ist erschreckend. 

 

Das Gespräch führte Philipp Gessler am 16. November in Berlin.

 

Online Abonnement

Sie erhalten Zugang zur gesamten Website und zur kompletten Monatsausgabe als Web-App.

64,80 €

jährlich

Monatlich kündbar.

Einzelartikel

Sie erhalten Lesezugriff für diesen Artikel.

2,00 €

einmalig

Kein Abo.

Haben Sie bereits ein Online- oder Print-Abo?
* Ihre Kundennummer finden Sie auf Ihrer Rechnung. Ein einmaliges Freischalten reicht aus; Sie erhalten damit zukünftig automatisch Zugang zu allen Artikeln.
Foto: privat

Monika Barz

Monika Barz ist Professorin em. für Frauen- und Geschlechterfragen an der Evangelischen Hochschule in Ludwigsburg, Reutlingen.


Ihre Meinung


Weitere Beiträge zu "Gesellschaft"