Gefallene Schöpfung

Punktum

Dass ich mit der Deutschen Bahn durchaus herumkomme, ist sattsam bekannt. Mal geht’s hierhin, mal geht’s dorthin, und es gibt Strecken, die ich immer wieder fahre. Zum Beispiel alle paar Wochen von Berlin oder Hannover ins Ostholsteinische, einen wirklich paradiesischen Winkel. Dort auf dem Land besuche ich gute Freunde und erhalte bei einem von ihnen inspirierenden Gesangsunterricht.

Weniger inspirierend hingegen ist häufig meine Anreise: Da müssen wir über den ICE 612 sprechen, der den schönen Namen „Kieler Förde“ trägt. Ich versuche immer wieder, ihn donnerstags im Hamburger  Hauptbahnhof zu erwischen, um eben nach Kiel zu gelangen. Klappen tat es bisher noch nie, denn meist ist er so unendlich verspätet von seiner Fahrt aus München, dass ich doch immer den Regionalzug gut zwanzig Minuten später nehmen muss. Dann wird es zwar in Kiel mit dem Bus aufs Land etwas knapp, aber gehen tut es in der Regel. Denn der Bus der Plöner Verkehrsbetriebe Richtung Oldenburg/Holstein fährt im Gegensatz zu ICE 612 pünktlich wie ein Schweizer Uhrwerk, oder er fällt ganz aus. Da weiß man, woran man ist …

Jüngst aber traute ich meinen Augen nicht: Laut Bahn-App war der ICE 612 in Hamburg – total pünktlich. Gibt’s doch nicht! „Ein schöner Tag“, jubilierte es in mir. Fröhlich sinnierend stand ich mit reichlich Zeit auf Gleis 12. Ich hörte Musik, glotzte ins Smartphone, was man so tut als Wartender am Gleis. Irgendwann dachte ich: „Jetzt könnte er ja mal kommen.“ Da fiel mein Blick auf die Gleisanzeige. Oh weh, ein Band lief durch: „Heute auf Gleis 13“. Und in der Tat, da drüben stand er, der ICE 612. Wie spät? 16:16 Uhr! Ich rannte los, dabei kann ich schon lange nicht mehr rennen: hoch die Treppe, runter auf Gleis 13. Doch zu spät! Fiepend schloss die Tür vor mir, bevor ich keuchend in Ohnmacht sank. Oh, ICE 612, was hast Du bloß gegen mich? 

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