Aus der Enge

Geschichten aus dem Gefängnis

Maxim Znak, Rechtsanwalt und führendes Mitglied der Oppositionsbewegung in Belarus, wird im September 2020 verhaftet und später zu zehn Jahren Haft verurteilt. Bis heute hält ihn das Lukaschenko-Regime in einer Strafkolonie fest, seit bald eineinhalb Jahren gibt es kein Lebenszeichen von ihm. So lange ist es auch her, dass seine 100 Geschichten aus der Haft im Suhrkamp Verlag erschienen. Wie diese Texte ihren Weg aus dem Gefängnis in die Freiheit fanden, ist bis heute ein Rätsel. 

Nun hat das Berliner Label speak low in Kooperation mit der EKD eine Lesung mit einer Auswahl von 40 Texten als Hörbuch vorgelegt. Gelesen und getragen von Bjarne Mädel. Er ist eine Idealbesetzung, denn seine Stimme überwindet jede Bosheit oder Niedertracht, lässt so die scheinbare Normalität des Gefängnisalltags begreifen. Er nimmt sich zurück, wo es nötig ist, wird leise. Und er widersteht der Ironie und der unfreiwilligen Komik Znaks, mit der dieser die Macht und Willkür, der er ausgesetzt ist, beschreibt und die der Hörerin den Atem stocken lassen.

Es sind Texte, oft nur zwei oder drei Minuten lang, die, genau beobachtet, über Rituale und Gewohnheiten, das Zusammenleben mit den anderen Gefangenen erzählen, über die Neuankömmlinge, die die Regeln lernen müssen, über Hungerstreikversuche, die enden in „einer für alle, andernfalls alle auf einen“, über Zahnschmerzen im Vollzug oder Geburtstage hinter Gittern.

Erwähnenswert ist auch das beigefügte Booklet, in dem die Osteuropaexperten und Übersetzer der Texte Henriette Reisner und Volker Weichsel die Ereignisse einordnen und resümieren: „Es geht darum, ein wenig Licht in das Dunkel einer Zelle zu werfen …, in der Maxim Znak wie über 1 500 weitere politische Gefangene nun sein Leben verbringt.“

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Kathrin Jütte

Kathrin Jütte ist Redakteurin der "zeitzeichen". Ihr besonderes Augenmerk gilt den sozial-diakonischen Themen und der Literatur.


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