Schmerzhaft

Literarische Wiederentdeckung

Eine Tochter geht durch Hölle, damit die Mutter leben kann … Was für eine unerhörte Geschichte! Kaum glaublich, aber wahr. Sie handelt von einer Mutter-Tochter-Beziehung und zugleich von dem dunkelsten Kapitel der deutschen Vergangenheit. Es ist die Geschichte von Cordelia Edvardson. Ihre Mutter ist die deutsche Schriftstellerin Elisabeth Langgässer.

Elisabeth Langgässer (nach der NS-Rasselogik eine Halbjüdin) versucht, ihre Tochter (nach der NS-Rasselogik eine Dreivierteljüdin) vor der Deportation zu schützen, indem sie der damals 14-Jährigen die spanische Staatsbürgerschaft verschafft. Das bleibt allerdings nicht ohne Folgen: Die Gestapo stellt Mutter und Tochter vor die Wahl: Entweder behält Cordelia die deutsche Staatsbürgerschaft und unterwirft sich den deutschen Rassegesetzen (und damit auch der Deportation) oder die Mutter würde des Hochverrats angeklagt. Die Tochter unterwirft sich. Was folgt, ist Theresienstadt und danach Auschwitz.

Cordelia Edvardson hat beide Lager überlebt, ist nach Schweden gegangen und hat dort als Journalistin gearbeitet. Ihre Geschichte hat sie erst Jahrzehnte später aufgeschrieben.

Vielleicht brauchte es die zeitliche Distanz: Ohne Pathos erzählt Edvardson von ihrer Jugend in Deutschland und von den Schrecken der Lagerhaft. So distanziert der Stil, so lakonisch der Ton – als literarisch-autobiografisches Zeugnis der NS-Verbrechen ist das Buch ein Denkmal von bleibendem Wert. Ein Dank gilt dem Hanser Verlag, es nach seinem ersten Erscheinen auf Deutsch 1986 jetzt wieder veröffentlicht zu haben. Ein Hörerlebnis wird es durch die Schauspielerin Nina Kunzendorf, die die geschriebenen Worte in gesprochene verwandelt, ohne ihnen die Tiefe zu nehmen.

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